Kant: AA VIII, Über eine Entdeckung, nach ... , Seite 246 |
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| 01 | Sätze an, die nicht durch den Satz des Widerspruchs bewiesen | ||||||
| 02 | werden können. Niemand hat also diese Unterscheidung in ihrer Allgemeinheit | ||||||
| 03 | zum Behuf einer Kritik der Vernunft überhaupt begriffen; denn | ||||||
| 04 | sonst hätte die Mathematik mit ihrem großen Reichthum an synthetischem | ||||||
| 05 | Erkenntniß a priori zum Beispiele oben an aufgestellt werden müssen, | ||||||
| 06 | deren Abstechung aber gegen die reine Philosophie und dieser ihre Armuth | ||||||
| 07 | in Ansehung dergleichen Sätze (indessen daß sie an analytischen reich genug | ||||||
| 08 | ist) eine Nachforschung wegen der Möglichkeit der ersteren unausbleiblich | ||||||
| 09 | hätte veranlassen müssen. Indessen bleibt es eines jeden Urtheile überlassen, | ||||||
| 10 | ob er sich bewußt ist, diesen Unterschied im Allgemeinen schon sonst | ||||||
| 11 | vor Augen gehabt und bei Anderen gefunden zu haben, oder nicht; wenn | ||||||
| 12 | er nur darum die gedachte Nachforschung nicht als überflüssig und ihr | ||||||
| 13 | Ziel als schon längst erreicht vernachlässigt. | ||||||
| 14 | Mit dieser Erörterung einer angeblich nur wiederhergestellten, älteren, | ||||||
| 15 | die Metaphysik zu großen Ansprüchen berechtigenden Kritik der reinen | ||||||
| 16 | Vernunft mag es nun für jetzt und für immer genug sein. So viel erhellt | ||||||
| 17 | daraus hinreichend, daß, wenn es eine solche gab, es wenigstens Herrn | ||||||
| 18 | Eberhard nicht beschieden war sie zu sehen, zu verstehen, oder in irgend | ||||||
| 19 | einem Punkte diesem Bedürfnisse der Philosophie, wenn auch nur durch | ||||||
| 20 | die zweite Hand, abzuhelfen. - Die andern wackeren Männer, welche | ||||||
| 21 | bisher durch ihre Einwürfe das kritische Geschäfte im Gange zu erhalten | ||||||
| 22 | bemüht gewesen, werden diese einzige Ausnahme von meinem Vorsatze | ||||||
| 23 | (mich in gar keine förmliche Streitigkeit einzulassen) nicht so auslegen, | ||||||
| 24 | als wenn ihre Argumente oder ihr philosophisches Ansehen mir von minderer | ||||||
| 25 | Wichtigkeit zu sein geschienen hätten: es geschah für diesmal nur, | ||||||
| 26 | um ein gewisses Benehmen, das etwas Charakteristisches an sich hat und | ||||||
| 27 | Herrn Eberhard eigen zu sein und Aufmerksamkeit zu verdienen scheint, | ||||||
| 28 | bemerklich zu machen. Übrigens mag die Kritik der reinen Vernunft, | ||||||
| 29 | wenn sie kann, durch ihre innere Festigkeit sich selbst weiterhin aufrecht | ||||||
| 30 | erhalten. Verschwinden wird sie nicht, nachdem sie einmal in Umlauf gekommen, | ||||||
| 31 | ohne wenigstens ein festeres System der reinen Philosophie, als | ||||||
| 32 | bisher vorhanden war, veranlaßt zu haben. Wenn man sich aber doch | ||||||
| 33 | einen solchen Fall zum Versuche denkt, so giebt der jetzige Gang der Dinge | ||||||
| 34 | hinreichend zu erkennen, daß die scheinbare Eintracht, welche jetzt noch | ||||||
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