Kant: AA VIII, Über eine Entdeckung, nach ... , Seite 240 |
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| 01 | was meinem Begriffe correspondirte, aber auch noch Mehreres, was | ||||||
| 02 | in diesem Begriffe noch nicht gedacht war, als mit jenem verbunden lernen | ||||||
| 03 | konnte. Nun begreife ich leicht, wenn man mich nur darauf führt: daß, | ||||||
| 04 | wenn eine Erweiterung der Erkenntniß über meinen Begriff a priori | ||||||
| 05 | stattfinden soll, so werde, wie dort eine empirische Anschauung, so zu dem | ||||||
| 06 | letzteren Behuf eine reine Anschauung a priori erforderlich sein; nur bin | ||||||
| 07 | ich verlegen, wo ich sie antreffen und wie ich mir die Möglichkeit derselben | ||||||
| 08 | erklären soll. Jetzt werde ich durch die Kritik angewiesen, alles Empirische | ||||||
| 09 | oder Wirklich=Empfindbare im Raum und der Zeit wegzulassen, mithin | ||||||
| 10 | alle Dinge ihrer empirischen Vorstellung nach zu vernichten, und so finde | ||||||
| 11 | ich, daß Raum und Zeit gleich als einzelne Wesen übrig bleiben, von | ||||||
| 12 | denen die Anschauung vor allen Begriffen von ihnen und der Dinge in | ||||||
| 13 | ihnen vorhergeht, bei welcher Beschaffenheit dieser ursprünglichen Vorstellungsarten | ||||||
| 14 | ich sie mir nimmermehr anders, als bloße subjective (aber | ||||||
| 15 | positive) Formen meiner Sinnlichkeit (nicht blos als Mangel der Deutlichkeit | ||||||
| 16 | der Vorstellungen durch dieselbe), nicht als Formen der Dinge | ||||||
| 17 | an sich selbst, also nur der Objecte aller sinnlichen Anschauung, mithin | ||||||
| 18 | bloßer Erscheinungen denken müsse. Hiedurch wird mir nun klar, nicht | ||||||
| 19 | allein wie synthetische Erkenntnisse a priori sowohl in der Mathematik | ||||||
| 20 | als Naturwissenschaft möglich seien, indem jene Anschauungen a priori | ||||||
| 21 | diese Erweiterung möglich und die synthetische Einheit, welche der Verstand | ||||||
| 22 | allemal dem Mannigfaltigen derselben geben muß, um ein Object | ||||||
| 23 | derselben zu denken, sie wirklich machen; sondern muß auch zugleich inne | ||||||
| 24 | werden, daß, da der Verstand seinerseits nicht auch anschauen kann, jene | ||||||
| 25 | synthetische Sätze a priori über die Grenzen der sinnlichen Anschauung | ||||||
| 26 | hinaus nicht getrieben werden können: weil alle Begriffe über dieses Feld | ||||||
| 27 | hinaus leer und ohne einen ihnen correspondirenden Gegenstand sein | ||||||
| 28 | müssen; indem ich, um zu solchen Erkenntnissen zu gelangen, von meinem | ||||||
| 29 | Vorrathe, den ich zur Erkenntniß der Gegenstände der Sinne brauche, | ||||||
| 30 | einiges wegzulassen, was an jenen niemals wegzulassen ist, oder das | ||||||
| 31 | andere so zu verbinden, als es niemals an jenem verbunden sein kann, | ||||||
| 32 | und mir so Begriffe zu machen wagen müßte, von denen, obgleich in ihnen | ||||||
| 33 | kein Widerspruch ist, ich doch niemals wissen kann, ob ihnen überhaupt | ||||||
| 34 | ein Gegenstand correspondire, oder nicht, die also für mich völlig | ||||||
| 35 | leer sind. | ||||||
| 36 | Nun mag der Leser, indem er das hier Gesagte mit dem, was Herr | ||||||
| 37 | Eberhard von S. 316 an von seiner Exposition der synthetischen Urtheile | ||||||
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