Kant: AA VIII, Über eine Entdeckung, nach ... , Seite 234 |
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| 01 | und so abstract, als ihm nur möglich, vorträgt und sich hütet ein Beispiel | ||||||
| 02 | anzuführen, daran man sicher erkennen könne, was er damit wolle. So | ||||||
| 03 | theilt er S. 318 die Attribute in solche ein, die entweder a priori oder a posteriori | ||||||
| 04 | erkannt werden, und sagt: es schiene ihm, ich verstehe unter | ||||||
| 05 | meinen synthetischen Urtheilen "blos die nicht schlechterdings nothwendigen | ||||||
| 06 | Wahrheiten und von den schlechterdings nothwendigen die letztere Art Urtheile, | ||||||
| 07 | deren nothwendige Prädicate nur a posteriori von dem menschlichen | ||||||
| 08 | Verstande erkannt werden können." Dagegen scheint es mir, da | ||||||
| 09 | mit diesen Worten etwas anderes habe gesagt werden sollen, als er wirklich | ||||||
| 10 | gesagt hat; denn so, wie sie da stehen, ist darin ein offenbarer Widerspruch. | ||||||
| 11 | Prädicate, die nur a posteriori und doch als nothwendig erkannt | ||||||
| 12 | werden, imgleichen Attribute von solcher Art, die man nämlich nach S. 321 | ||||||
| 13 | "aus dem Wesen des Subjects nicht herleiten kann", sind nach der Erklärung, | ||||||
| 14 | die Herr Eberhard selbst oben von den letzteren angab, ganz | ||||||
| 15 | undenkbare Dinge. Wenn nun darunter dennoch etwas gedacht und der | ||||||
| 16 | Einwurf, den Herr Eberhard von dieser wenigstens unverständlichen | ||||||
| 17 | Distinction gegen die Brauchbarkeit der Definition, welche die Kritik von | ||||||
| 18 | synthetischen Urtheilen gab, beantwortet werden soll, so müßte er von | ||||||
| 19 | jener seltsamen Art von Attributen doch wenigstens ein Beispiel geben; | ||||||
| 20 | so aber kann ich einen Einwurf nicht widerlegen, mit dem ich keinen Sinn | ||||||
| 21 | zu verbinden weiß. Er vermeidet, so viel er kann, Beispiele aus der | ||||||
| 22 | Metaphysik anzuführen, sondern hält sich, so lange es möglich ist, an die | ||||||
| 23 | aus der Mathematik, woran er auch seinem Interesse ganz gemäß verfährt. | ||||||
| 24 | Denn er will dem harten Vorwurfe, daß die bisherige Metaphysik ihre | ||||||
| 25 | synthetische Sätze a priori schlechterdings nicht beweisen könne (weil sie | ||||||
| 26 | solche, als von Dingen an sich selbst gültig, aus ihren Begriffen beweisen | ||||||
| 27 | will), ausweichen und wählt daher immer Beispiele aus der Mathematik, | ||||||
| 28 | deren Sätze auf strenge Beweise gegründet werden, weil sie Anschauung | ||||||
| 29 | a priori zum Grunde legen, welche er aber durchaus nicht als wesentliche | ||||||
| 30 | Bedingung der Möglichkeit aller synthetischen Sätze a priori gelten lassen | ||||||
| 31 | kann, wenn er nicht zugleich alle Hoffnung aufgeben will, sein Erkenntniß | ||||||
| 32 | bis zum Übersinnlichen, dem keine uns mögliche Anschauung correspondirt, | ||||||
| 33 | zu erweitern, und so seine fruchtverheißende Felder der Psychologie und | ||||||
| 34 | Theologie unangebaut lassen will. Wenn man also seiner Einsicht, oder | ||||||
| 35 | auch seinem Willen, in einer streitigen Sache Aufschluß zu verschaffen, nicht | ||||||
| 36 | sonderlich Beifall geben kann, so muß man doch seiner Klugheit Gerechtigkeit | ||||||
| 37 | widerfahren lassen, keine auch nur scheinbare Vortheile unbenutzt zu lassen. | ||||||
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