Kant: AA VII, Anthropologie in pragmatischer ... , Seite 331 |
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| 01 | C. Gewalt ohne Freiheit und Gesetz (Barbarei). | ||||||
| 02 | D. Gewalt mit Freiheit und Gesetz (Republik). | ||||||
| 03 | Man sieht, daß nur die letztere eine wahre bürgerliche Verfassung | ||||||
| 04 | genannt zu werden verdiene; wobei man aber nicht auf eine der drei | ||||||
| 05 | Staatsformen (Demokratie) hinzielt, sondern unter Republik nur einen | ||||||
| 06 | Staat überhaupt versteht und das alte Brocardicon: Salus civitatis (nicht | ||||||
| 07 | civium ) suprema lex esto nicht bedeutet: Das Sinnenwohl des gemeinen | ||||||
| 08 | Wesens (die Glückseligkeit der Bürger) solle zum obersten Princip der | ||||||
| 09 | Staatsverfassung dienen; denn dieses Wohlergehen, was ein jeder nach | ||||||
| 10 | seiner Privatneigung, so oder anders, sich vormalt, taugt gar nicht zu | ||||||
| 11 | irgend einem objectiven Princip, als welches Allgemeinheit fordert, sondern | ||||||
| 12 | jene Sentenz sagt nichts weiter als: Das Verstandeswohl, die | ||||||
| 13 | Erhaltung der einmal bestehenden Staatsverfassung, ist das höchste | ||||||
| 14 | Gesetz einer bürgerlichen Gesellschaft überhaupt; denn diese besteht nur | ||||||
| 15 | durch jene. | ||||||
| 16 | Der Charakter der Gattung, so wie er aus der Erfahrung aller Zeiten | ||||||
| 17 | und unter allen Völkern kundbar wird, ist dieser: daß sie, collectiv (als ein | ||||||
| 18 | Ganzes des Menschengeschlechts) genommen, eine nach und neben einander | ||||||
| 19 | existirende Menge von Personen ist, die das friedliche Beisammensein | ||||||
| 20 | nicht entbehren und dabei dennoch einander beständig widerwärtig zu | ||||||
| 21 | sein nicht vermeiden können; folglich durch wechselseitigen Zwang unter | ||||||
| 22 | von ihnen selbst ausgehenden Gesetzen zu einer beständig mit Entzweiung | ||||||
| 23 | bedrohten, aber allgemein fortschreitenden Coalition in eine weltbürgerliche | ||||||
| 24 | Gesellschaft ( cosmopolitismus ) sich von der Natur bestimmt fühlen: | ||||||
| 25 | welche an sich unerreichbare Idee aber kein constitutives Princip (der | ||||||
| 26 | Erwartung eines mitten in der lebhaftesten Wirkung und Gegenwirkung | ||||||
| 27 | der Menschen bestehenden Friedens), sondern nur ein regulatives Princip | ||||||
| 28 | ist: ihr als der Bestimmung des Menschengeschlechts nicht ohne gegründete | ||||||
| 29 | Vermuthung einer natürlichen Tendenz zu derselben fleißig nachzugehen. | ||||||
| 31 | Frägt man nun: ob die Menschengattung (welche, wenn man sie sich | ||||||
| 32 | als eine Species vernünftiger Erdwesen in Vergleichung mit denen auf | ||||||
| 33 | anderen Planeten, als von Einem Demiurgus entsprungene Menge Geschöpfe | ||||||
| 34 | denkt, auch Rasse genannt werden kann) - ob, sage ich, sie als | ||||||
| 35 | eine gute oder schlimme Rasse anzusehen sei: so muß ich gestehen, daß nicht | ||||||
| 36 | viel damit zu prahlen sei. Doch wird jemand, der das Benehmen der | ||||||
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