Kant: AA VII, Anthropologie in pragmatischer ... , Seite 204 |
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| 01 | doch daß der Belachte gutmüthig mitlachen kann. - Aber auch bei Jüngeren | ||||||
| 02 | und Beschäftigten dient diese Reiterei zur Erholung, und Klüglinge, | ||||||
| 03 | die so kleine unschuldige Thorheiten mit pedantischem Ernste rügen, verdienen | ||||||
| 04 | Sterne's Zurechtweisung: "Laß doch einen jeden auf seinem Steckenpferde | ||||||
| 05 | die Straßen der Stadt auf und nieder reiten: wenn er dich nur | ||||||
| 06 | nicht nöthigt hinten aufzusitzen." | ||||||
| 07 | B. |
[ entsprechender Abschnitt in den Reflexionen zur Antropologie (AA XV, 219)] | |||||
| 08 | Von den Gemüthsschwächen im Erkenntnißvermögen. |
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| 09 | § 46. Dem es an Witz mangelt, ist der stumpfe Kopf ( obtusum | ||||||
| 10 | caput ). Er kann übrigens, wo es auf Verstand und Vernunft ankommt, | ||||||
| 11 | ein sehr guter Kopf sein; nur muß man ihm nicht zumuthen, den Poeten | ||||||
| 12 | zu spielen: wie dem Clavius, den sein Schulmeister schon beim Grobschmied | ||||||
| 13 | in die Lehre geben wollte, weil er keine Verse machen konnte, der | ||||||
| 14 | aber, als er ein mathematisches Buch in die Hände bekam, ein großer | ||||||
| 15 | Mathematiker ward. - Ein Kopf von langsamer Begreifung ist darum | ||||||
| 16 | noch nicht ein schwacher Kopf; so wie der von behenden Begriffen nicht | ||||||
| 17 | immer auch ein gründlicher, sondern oft sehr seicht ist. | ||||||
| 18 | Der Mangel an Urtheilskraft ohne Witz ist Dummheit ( stupiditas ). | ||||||
| 19 | Derselbe Mangel aber mit Witz ist Albernheit. - Wer Urtheilskraft | ||||||
| 20 | in Geschäften zeigt, ist gescheut. Hat er dabei zugleich Witz, so | ||||||
| 21 | heißt er klug. - Der, welcher eine dieser Eigenschaften blos affectirt, der | ||||||
| 22 | Witzling sowohl als der Klügling, ist ein ekelhaftes Subject. - Durch | ||||||
| 23 | Schaden wird man gewitzigt; wer es aber in dieser Schule so weit gebracht | ||||||
| 24 | hat, daß er andere durch ihren Schaden klug machen kann, ist abgewitzt. | ||||||
| 25 | Unwissenheit ist nicht Dummheit: wie eine gewisse Dame | ||||||
| 26 | auf die Frage eines Akademikers: "Fressen die Pferde auch des Nachts?" | ||||||
| 27 | erwiederte: "Wie kann doch ein so gelehrter Mann so dumm sein?" Sonst | ||||||
| 28 | ist es Beweis von gutem Verstande, wenn der Mensch auch nur weiß, | ||||||
| 29 | wie er gut fragen soll (um entweder von der Natur oder einem anderen | ||||||
| 30 | Menschen belehrt zu werden). | ||||||
| 31 | Einfältig ist der, welcher nicht viel durch seinen Verstand auffassen | ||||||
| 32 | kann; aber er ist darum nicht dumm, wenn er es nicht verkehrt auffaßt. | ||||||
| 33 | Ehrlich, aber dumm (wie einige ungebührlich den pommerschen Bedienten | ||||||
| 34 | beschreiben), ist ein falscher und höchst tadelhafter Spruch. Er ist | ||||||
| 35 | falsch: denn Ehrlichkeit (Pflichtbeobachtung aus Grundsätzen) ist praktische | ||||||
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