| Kant: AA VI, Die Metaphysik der Sitten. ... , Seite 337 | |||||||
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| 01 | Tödtung eines Anderen müsse mit dem Tode bestraft werden) bleibt, die | ||||||
| 02 | Gesetzgebung selber aber (mithin auch die bürgerliche Verfassung), so lange | ||||||
| 03 | noch als barbarisch und unausgebildet, daran Schuld ist, daß die Triebfedern | ||||||
| 04 | der Ehre im Volk (subjectiv) nicht mit den Maßregeln zusammen | ||||||
| 05 | treffen wollen, die (objectiv) ihrer Absicht gemäß sind, so daß die öffentliche, | ||||||
| 06 | vom Staat ausgehende Gerechtigkeit in Ansehung der aus dem | ||||||
| 07 | Volk eine Ungerechtigkeit wird. | ||||||
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| 09 | Das Begnadigungsrecht ( ius aggratiandi ) für den Verbrecher, | ||||||
| 10 | entweder der Milderung oder gänzlichen Erlassung der Strafe, ist wohl | ||||||
| 11 | unter allen Rechten des Souveräns das schlüpfrigste, um den Glanz seiner | ||||||
| 12 | Hoheit zu beweisen und dadurch doch im hohen Grade unrecht zu thun. | ||||||
| 13 | In Ansehung der Verbrechen der Unterthanen gegen einander steht es | ||||||
| 14 | schlechterdings ihm nicht zu, es auszuüben; denn hier ist Straflosigkeit | ||||||
| 15 | ( impunitas criminis ) das größte Unrecht gegen die letztern. Also nur bei | ||||||
| 16 | einer Läsion, die ihm selbst widerfährt, ( crimen laesae maiestatis ) | ||||||
| 17 | kann er davon Gebrauch machen. Aber auch da nicht einmal, wenn durch | ||||||
| 18 | Ungestraftheit dem Volk selbst in Ansehung seiner Sicherheit Gefahr erwachsen | ||||||
| 19 | könnte. - Dieses Recht ist das einzige, was den Namen des | ||||||
| 20 | Majestätsrechts verdient. | ||||||
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| 24 | Das Land ( territorium ), dessen Einsassen schon durch die Constitution, | ||||||
| 25 | d. i. ohne einen besonderen rechtlichen Act ausüben zu dürfen (mithin | ||||||
| 26 | durch die Geburt), Mitbürger eines und desselben gemeinen Wesens | ||||||
| 27 | sind, heißt das Vaterland; das, worin sie es ohne diese Bedingung nicht | ||||||
| 28 | sind, das Ausland, und dieses, wenn es einen Theil der Landesherrschaft | ||||||
| 29 | überhaupt ausmacht, heißt die Provinz (in der Bedeutung, wie die | ||||||
| 30 | Römer dieses Wort brauchten), welche, weil sie doch keinen coalisirten | ||||||
| 31 | Theil des Reichs ( imperii ) als Sitz von Mitbürgern, sondern nur eine | ||||||
| 32 | Besitzung desselben als eines Unterhauses ausmacht, den Boden des | ||||||
| 33 | herrschenden Staats als Mutterland ( regio domina ) verehren muß. | ||||||
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