| Kant: AA VI, Die Metaphysik der Sitten. ... , Seite 318 | |||||||
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| 01 | spielen, d. i. sich in die Möglichkeit zu versetzen, Unrecht zu thun und so | ||||||
| 02 | in den Fall der Appellation ( a rege male informato ad regem melius informandum ) | ||||||
| 03 | zu gerathen. | ||||||
| 04 | Also sind es drei verschiedene Gewalten ( potestas legislatoria, executoria, | ||||||
| 05 | iudiciaria ), wodurch der Staat ( civitas ) seine Autonomie hat, d. i. | ||||||
| 06 | sich selbst nach Freiheitsgesetzen bildet und erhält. - In ihrer Vereinigung | ||||||
| 07 | besteht das Heil des Staats ( salus reipublicae suprema lex est ); | ||||||
| 08 | worunter man nicht das Wohl der Staatsbürger und ihre Glückseligkeit | ||||||
| 09 | verstehen muß; denn die kann vielleicht (wie auch Rousseau behauptet) | ||||||
| 10 | im Naturzustande, oder auch unter einer despotischen Regierung viel | ||||||
| 11 | behaglicher und erwünschter ausfallen: sondern den Zustand der größten | ||||||
| 12 | Übereinstimmung der Verfassung mit Rechtsprincipien versteht, als nach | ||||||
| 13 | welchem zu streben uns die Vernunft durch einen kategorischen Imperativ | ||||||
| 14 | verbindlich macht. | ||||||
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| 18 | A. | ||||||
| 19 | Der Ursprung der obersten Gewalt ist für das Volk, das unter derselben | ||||||
| 20 | steht, in praktischer Absicht unerforschlich: d. i. der Unterthan | ||||||
| 21 | soll nicht über diesen Ursprung, als ein noch in Ansehung des ihr schuldigen | ||||||
| 22 | Gehorsams zu bezweifelndes Recht ( ius controversum ), werkthätig | ||||||
| 23 | vernünfteln. Denn da das Volk, um rechtskräftig über die oberste | ||||||
| 24 | Staatsgewalt ( summum imperium ) zu urtheilen, schon als unter einem | ||||||
| 25 | allgemein gesetzgebenden Willen vereint angesehen werden muß, so kann | ||||||
| 26 | und darf es nicht anders urtheilen, als das gegenwärtige Staatsoberhaupt | ||||||
| 27 | ( summus imperans ) es will. - Ob ursprünglich ein wirklicher | ||||||
| 28 | Vertrag der Unterwerfung unter denselben ( pactum subiectionis civilis ) | ||||||
| 29 | als ein Factum vorher gegangen, oder ob die Gewalt vorherging, und | ||||||
| 30 | das Gesetz nur hintennach gekommen sei, oder auch in dieser Ordnung sich | ||||||
| 31 | habe folgen sollen: das sind für das Volk, das nun schon unter dem bürgerlichen | ||||||
| 32 | Gesetze steht, ganz zweckleere und doch den Staat mit Gefahr | ||||||
| 33 | bedrohende Vernünfteleien; denn wollte der Unterthan, der den letzteren | ||||||
| 34 | Ursprung nun ergrübelt hätte, sich jener jetzt herrschenden Autorität widersetzen, | ||||||
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