| Kant: AA VI, Die Metaphysik der Sitten. ... , Seite 298 | |||||||
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| 01 | ( donatarius ), nach dem Privatrecht, wodurch das Meine auf diesen durch | ||||||
| 02 | Annehmung des letzteren ( donum ) übergeht. - Es ist aber nicht zu präsumiren, | ||||||
| 03 | daß ich hiebei gemeint sei, zu der Haltung meines Versprechens | ||||||
| 04 | gezwungen zu werden und also auch meine Freiheit umsonst wegzugeben | ||||||
| 05 | und gleichsam mich selbst wegzuwerfen ( nemo suum iactare praesumitur ), | ||||||
| 06 | welches doch nach dem Recht im bürgerlichen Zustande geschehen würde; | ||||||
| 07 | denn da kann der zu Beschenkende mich zu Leistung des Versprechens | ||||||
| 08 | zwingen. Es müßte also, wenn die Sache vor Gericht käme, d. i. nach | ||||||
| 09 | einem öffentlichen Recht, entweder präsumirt werden, der Verschenkende | ||||||
| 10 | willigte zu diesem Zwange ein, welches ungereimt ist, oder der Gerichtshof | ||||||
| 11 | sehe in seinem Spruch (Sentenz) gar nicht darauf, ob jener die Freiheit, | ||||||
| 12 | von seinem Versprechen abzugehen, hat vorbehalten wollen, oder | ||||||
| 13 | nicht, sondern auf das, was gewiß ist, nämlich das Versprechen und die | ||||||
| 14 | Acceptation des Promissars. Wenn also gleich der Promittent, wie wohl | ||||||
| 15 | vermuthet werden kann, gedacht hat, daß, wenn es ihn noch vor der Erfüllung | ||||||
| 16 | gereuet, das Versprechen gethan zu haben, man ihn daran nicht | ||||||
| 17 | binden könne: so nimmt doch das Gericht an, daß er sich dieses ausdrücklich | ||||||
| 18 | hätte vorbehalten müssen und, wenn er es nicht gethan hat, zu Erfüllung | ||||||
| 19 | des Versprechens könne gezwungen werden, und dieses Princip | ||||||
| 20 | nimmt der Gerichtshof darum an, weil ihm sonst das Rechtsprechen unendlich | ||||||
| 21 | erschwert, oder gar unmöglich gemacht werden würde. | ||||||
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| 25 | In diesem Vertrage ( commodatum ), wodurch ich jemanden den unvergoltenen | ||||||
| 26 | Gebrauch des Meinigen erlaube, wo, wenn dieses eine Sache | ||||||
| 27 | ist, die Paciscenten darin übereinkommen, daß dieser mir eben dieselbe | ||||||
| 28 | Sache wiederum in meine Gewalt bringe, kann der Empfänger des Geliehenen | ||||||
| 29 | ( commodatarius ) nicht zugleich präsumiren, der Eigenthümer desselben | ||||||
| 30 | ( commodans ) nehme auch alle Gefahr ( casus ) des möglichen Verlustes | ||||||
| 31 | der Sache, oder ihrer ihm nützlichen Beschaffenheit über sich, der daraus, | ||||||
| 32 | daß er sie in den Besitz des Empfängers gegeben hat, entspringen könnte. | ||||||
| 33 | Denn es versteht sich nicht von selbst, daß der Eigenthümer außer dem | ||||||
| 34 | Gebrauch seiner Sache, den er dem Lehnsempfänger bewilligt, (dem von | ||||||
| 35 | demselben unzertrennlichen Abbruche derselben) auch die Sicherstellung | ||||||
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