Kant: AA VI, Die Metaphysik der Sitten. ... , Seite 237 |
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| 01 | 3) Tritt (wenn du das letztere nicht vermeiden kannst) in eine Gesellschaft | ||||||
| 02 | mit Andern, in welcher Jedem das Seine erhalten werden | ||||||
| 03 | kann ( suum cuique tribue ). - Die letztere Formel, wenn sie so | ||||||
| 04 | übersetzt würde: "Gieb Jedem das Seine," würde eine Ungereimtheit | ||||||
| 05 | sagen; denn man kann niemanden etwas geben, was er schon | ||||||
| 06 | hat. Wenn sie also einen Sinn haben soll, so müßte sie so lauten: | ||||||
| 07 | "Tritt in einen Zustand, worin Jedermann das Seine gegen jeden | ||||||
| 08 | Anderen gesichert sein kann" ( Lex iustitiae ). | ||||||
| 09 | Also sind obstehende drei classische Formeln zugleich Eintheilungsprincipien | ||||||
| 10 | des Systems der Rechtspflichten in innere, äußere und in | ||||||
| 11 | diejenigen, welche die Ableitung der letzteren vom Princip der ersteren | ||||||
| 12 | durch Subsumtion enthalten. | ||||||
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| 15 | 1) Der Rechte, als systematischer Lehren, in das Naturrecht, das | ||||||
| 16 | auf lauter Principien a priori beruht, und das positive (statutarische) | ||||||
| 17 | Recht, was aus dem Willen eines Gesetzgebers hervorgeht. | ||||||
| 18 | 2) Der Rechte als (moralischer) Vermögen Andere zu verpflichten, | ||||||
| 19 | d. i. als einen gesetzlichen Grund zu den letzteren ( titulum ), von | ||||||
| 20 | denen die Obereintheilung die in das angeborne und erworbene | ||||||
| 21 | Recht ist, deren ersteres dasjenige Recht ist, welches unabhängig von | ||||||
| 22 | allem rechtlichen Act jedermann von Natur zukommt; das zweite | ||||||
| 23 | das, wozu ein solcher Act erfordert wird. | ||||||
| 24 | Das angeborne Mein und Dein kann auch das innere ( meum vel | ||||||
| 25 | tuum internum ) genannt werden; denn das äußere muß jederzeit erworben | ||||||
| 26 | werden. | ||||||
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| 29 | Freiheit (Unabhängigkeit von eines Anderen nöthigender Willkür), | ||||||
| 30 | sofern sie mit jedes Anderen Freiheit nach einem allgemeinen Gesetz zusammen | ||||||
| 31 | bestehen kann, ist dieses einzige, ursprüngliche, jedem Menschen | ||||||
| 32 | kraft seiner Menschheit zustehende Recht. - Die angeborne Gleichheit, | ||||||
| 33 | d. i. die Unabhängigkeit nicht zu mehrerem von Anderen verbunden zu | ||||||
| 34 | werden, als wozu man sie wechselseitig auch verbinden kann; mithin die | ||||||
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