| Kant: AA VI, Die Religion innerhalb der ... , Seite 058 | |||||||
| Zeile: 
 | Text (Kant): 
 | 
 
 | 
 
 | ||||
| 01 | Natürliche Neigungen sind, an sich selbst betrachtet, gut, d. i. | ||||||
| 02 | unverwerflich, und es ist nicht allein vergeblich, sondern es wäre auch | ||||||
| 03 | schädlich und tadelhaft, sie ausrotten zu wollen; man muß sie vielmehr | ||||||
| 04 | nur bezähmen, damit sie sich untereinander nicht selbst aufreiben, sondern | ||||||
| 05 | zur Zusammenstimmung in einem Ganzen, Glückseligkeit genannt, gebracht | ||||||
| 06 | werden können. Die Vernunft aber, die dieses ausrichtet, heißt | ||||||
| 07 | Klugheit. Nur das Moralisch=Gesetzwidrige ist an sich selbst böse, | ||||||
| 08 | schlechterdings verwerflich, und muß ausgerottet werden; die Vernunft | ||||||
| 09 | aber, die das lehrt, noch mehr aber, wenn sie es auch ins Werk richtet, | ||||||
| 10 | verdient allein den Namen der Weisheit, in Vergleichung mit welcher | ||||||
| 11 | das Laster zwar auch Thorheit genannt werden kann, aber nur alsdann, | ||||||
| 12 | wenn die Vernunft gnugsam Stärke in sich fühlt, um es (und alle Anreize | ||||||
| 13 | dazu) zu verachten, und nicht bloß als ein zu fürchtendes Wesen zu hassen, | ||||||
| 14 | und sich dagegen zu bewaffnen. | ||||||
| [ Seite 057 ] [ Seite 059 ] [ Inhaltsverzeichnis ] | |||||||