Kant: AA III, Kritik der reinen Vernunft ... , Seite 225  | 
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| 01 | Sinne doch Dinge erkennen, mithin anschauen könne, folglich daß wir ein | ||||||
| 02 | von dem menschlichen nicht bloß dem Grade, sondern sogar der Anschauung | ||||||
| 03 | und Art nach gänzlich unterschiedenes Erkenntnißvermögen haben, | ||||||
| 04 | also nicht Menschen, sondern Wesen sein sollen, von denen wir selbst nicht | ||||||
| 05 | angeben können, ob sie einmal möglich, viel weniger wie sie beschaffen | ||||||
| 06 | seien. Ins Innre der Natur dringt Beobachtung und Zergliederung der | ||||||
| 07 | Erscheinungen, und man kann nicht wissen, wie weit dieses mit der Zeit | ||||||
| 08 | gehen werde. Jene transscendentale Fragen aber, die über die Natur | ||||||
| 09 | hinausgehen, würden wir bei allem dem doch niemals beantworten können, | ||||||
| 10 | wenn uns auch die ganze Natur aufgedeckt wäre, da es uns nicht einmal | ||||||
| 11 | gegeben ist, unser eigenes Gemüth mit einer andern Anschauung, als | ||||||
| 12 | der unseres inneren Sinnes zu beobachten. Denn in demselben liegt das | ||||||
| 13 | Geheimniß des Ursprungs unserer Sinnlichkeit. Ihre Beziehung auf ein | ||||||
| 14 | Object, und was der transscendentale Grund dieser Einheit sei, liegt ohne | ||||||
| 15 | Zweifel zu tief verborgen, als daß wir, die wir sogar uns selbst nur durch | ||||||
| 16 | innern Sinn, mithin als Erscheinung kennen, ein so unschickliches Werkzeug | ||||||
| 17 | unserer Nachforschung dazu brauchen könnten, etwas anderes als | ||||||
| 18 | immer wiederum Erscheinungen aufzufinden, deren nichtsinnliche Ursache | ||||||
| 19 | wir doch gern erforschen wollten. | ||||||
| 20 | Was diese Kritik der Schlüsse aus den bloßen Handlungen der Reflexion | ||||||
| 21 | überaus nützlich macht, ist: daß sie die Nichtigkeit aller Schlüsse | ||||||
| 22 | über Gegenstände, die man lediglich im Verstande mit einander vergleicht, | ||||||
| 23 | deutlich darthut und dasjenige zugleich bestätigt, was wir hauptsächlich | ||||||
| 24 | eingeschärft haben: daß, obgleich Erscheinungen nicht als Dinge an sich | ||||||
| 25 | selbst unter den Objecten des reinen Verstandes mit Begriffen sind, sie | ||||||
| 26 | doch die einzigen sind, an denen unsere Erkenntniß objective Realität haben | ||||||
| 27 | kann, nämlich wo den Begriffen Anschauung entspricht. | ||||||
| 28 | Wenn wir bloß logisch reflectiren, so vergleichen wir lediglich unsere | ||||||
| 29 | Begriffe unter einander im Verstande, ob beide eben dasselbe enthalten, | ||||||
| 30 | ob sie sich widersprechen oder nicht, ob etwas in dem Begriffe innerlich enthalten | ||||||
| 31 | sei, oder zu ihm hinzukomme, und welcher von beiden gegeben, welcher | ||||||
| 32 | aber nur als eine Art, den gegebenen zu denken, gelten soll. Wende | ||||||
| 33 | ich aber diese Begriffe auf einen Gegenstand überhaupt (im transscendentalen | ||||||
| 34 | Verstande) an, ohne diesen weiter zu bestimmen, ob er ein Gegenstand | ||||||
| 35 | der sinnlichen oder intellectuellen Anschauung sei, so zeigen sich sofort | ||||||
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