Kant: AA III, Kritik der reinen Vernunft ... , Seite 065 |
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Text (Kant):
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| 01 | § 8. |
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| 02 | Allgemeine Anmerkungen |
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| 03 | zur |
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| 04 | Transscendentalen Ästhetik. |
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| 05 | I Zuerst wird es nöthig sein, uns so deutlich als möglich zu erklären, | ||||||
| 06 | was in Ansehung der Grundbeschaffenheit der sinnlichen Erkenntniß | ||||||
| 07 | überhaupt unsere Meinung sei, um aller Mißdeutung derselben vorzubeugen. | ||||||
| 09 | Wir haben also sagen wollen: daß alle unsre Anschauung nichts als | ||||||
| 10 | die Vorstellung von Erscheinung sei; daß die Dinge, die wir anschauen, | ||||||
| 11 | nicht das an sich selbst sind, wofür wir sie anschauen, noch ihre Verhältnisse | ||||||
| 12 | so an sich selbst beschaffen sind, als sie uns erscheinen, und daß, wenn wir | ||||||
| 13 | unser Subject oder auch nur die subjective Beschaffenheit der Sinne überhaupt | ||||||
| 14 | aufheben, alle die Beschaffenheit, alle Verhältnisse der Objecte im | ||||||
| 15 | Raum und Zeit, ja selbst Raum und Zeit verschwinden würden und als | ||||||
| 16 | Erscheinungen nicht an sich selbst, sondern nur in uns existiren können. | ||||||
| 17 | Was es für eine Bewandtniß mit den Gegenständen an sich und abgesondert | ||||||
| 18 | von aller dieser Receptivität unserer Sinnlichkeit haben möge, | ||||||
| 19 | bleibt uns gänzlich unbekannt. Wir kennen nichts als unsere Art, sie | ||||||
| 20 | wahrzunehmen, die uns eigenthümlich ist, die auch nicht nothwendig jedem | ||||||
| 21 | Wesen, ob zwar jedem Menschen, zukommen muß. Mit dieser haben wir | ||||||
| 22 | es lediglich zu thun. Raum und Zeit sind die reinen Formen derselben, | ||||||
| 23 | Empfindung überhaupt die Materie. Jene können wir allein a priori, d. i. | ||||||
| 24 | vor aller wirklichen Wahrnehmung, erkennen, und sie heißt darum reine | ||||||
| 25 | Anschauung; diese aber ist das in unserm Erkenntniß, was daßmacht, da | ||||||
| 26 | es Erkenntniß a posteriori, d. i. empirische Anschauung, heißt. Jene hängen | ||||||
| 27 | unsrer Sinnlichkeit schlechthin nothwendig an, welcher Art auch unsere | ||||||
| 28 | Empfindungen sein mögen; diese können sehr verschieden sein. Wenn wir | ||||||
| 29 | diese unsre Anschauung auch zum höchsten Grade der Deutlichkeit bringen | ||||||
| 30 | könnten, so würden wir dadurch der Beschaffenheit der Gegenstände an | ||||||
| 31 | sich selbst nicht näher kommen. Denn wir würden auf allen Fall doch nur | ||||||
| 32 | unsre Art der Anschauung, d. i. unsere Sinnlichkeit, vollständig erkennen | ||||||
| 33 | und diese immer nur unter den dem Subject ursprünglich anhängenden | ||||||
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