Kant: AA III, Kritik der reinen Vernunft ... , Seite 056 |
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| 01 | ob sie an die nämlichen Bedingungen gebunden seien, welche unsere | ||||||
| 02 | Anschauung einschränken und für uns allgemein gültig sind. Wenn wir | ||||||
| 03 | die Einschränkung eines Urtheils zum Begriff des Subjects hinzufügen, | ||||||
| 04 | so gilt das Urtheil alsdann unbedingt. Der Satz: Alle Dinge sind neben | ||||||
| 05 | einander im Raum, gilt unter der Einschränkung, wenn diese Dinge als | ||||||
| 06 | Gegenstände unserer sinnlichen Anschauung genommen werden. Füge ich | ||||||
| 07 | hier die Bedingung zum Begriffe und sage: Alle Dinge als äußere Erscheinungen | ||||||
| 08 | sind neben einander im Raum, so gilt diese Regel allgemein | ||||||
| 09 | und ohne Einschränkung. Unsere Erörterungen lehren demnach die Realität | ||||||
| 10 | (d. i. die objective Gültigkeit) des Raumes in Ansehung alles | ||||||
| 11 | dessen, was äußerlich als Gegenstand uns vorkommen kann, aber zugleich | ||||||
| 12 | die Idealität des Raums in Ansehung der Dinge, wenn sie durch die | ||||||
| 13 | Vernunft an sich selbst erwogen werden, d. i. ohne Rücksicht auf die Beschaffenheit | ||||||
| 14 | unserer Sinnlichkeit zu nehmen. Wir behaupten also die empirische | ||||||
| 15 | Realität des Raumes (in Ansehung aller möglichen äußeren | ||||||
| 16 | Erfahrung), obzwar die transscendentale Idealität desselben, d. i. | ||||||
| 17 | daß er Nichts sei, so bald wir die Bedingung der Möglichkeit aller Erfahrung | ||||||
| 18 | weglassen und ihn als etwas, was den Dingen an sich selbst zum | ||||||
| 19 | Grunde liegt, annehmen. | ||||||
| 20 | Es giebt aber auch außer dem Raum keine andere subjective und auf | ||||||
| 21 | etwas Äußeres bezogene Vorstellung, die a priori objectiv heißen könnte. | ||||||
| 22 | Denn man kann von keiner derselben synthetische Sätze a priori, wie von | ||||||
| 23 | der Anschauung im Raume herleiten (§ 3). Daher ihnen, genau zu reden, | ||||||
| 24 | gar keine Idealität zukommt, ob sie gleich darin mit der Vorstellung des | ||||||
| 25 | Raumes übereinkommen, daß sie bloß zur subjectiven Beschaffenheit der | ||||||
| 26 | Sinnesart gehören, z. B. des Gesichts, Gehörs, Gefühls, durch die Empfindungen | ||||||
| 27 | der Farben, Töne und Wärme, die aber, weil sie bloß Empfindungen | ||||||
| 28 | und nicht Anschauungen sind, an sich kein Object, am wenigsten | ||||||
| 29 | a priori erkennen lassen. | ||||||
| 30 | Die Absicht dieser Anmerkung geht nur dahin: zu verhüten, daß man | ||||||
| 31 | die behauptete Idealität des Raumes nicht durch bei weitem unzulängliche | ||||||
| 32 | Beispiele zu erläutern sich einfallen lasse, da nämlich etwa Farben, Geschmack | ||||||
| 33 | etc. mit Recht nicht als Beschaffenheiten der Dinge, sondern bloß als | ||||||
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