Kant: AA II, Der einzig mögliche ... , Seite 134

     
           
 

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Text (Kant):

 

 

 

 
  01 den größten Raum so einschließt, daß sie zugleich, äußerlich mit anderen      
  02 gleichen Figuren zusammengesetzt, keine Zwischenräume übrig läßt. Es      
  03 bietet sich hier sehr bald diese Bemerkung dar, daß das Gegenverhältniß      
  04 des Größten und Kleinsten im Raume auf die Gleichheit ankomme. Und      
  05 da die Natur sonst viel Fälle einer nothwendigen Gleichheit an die Hand      
  06 giebt, so können die Regeln, die man aus den gedachten Fällen der Geometrie      
  07 in Ansehung des allgemeinen Grundes solches Gegenverhältnisses      
  08 des Größten und Kleinsten zieht, auch auf die nothwendige Beobachtung      
  09 des Gesetzes der Sparsamkeit in der Natur angewandt werden. In den      
  10 Gesetzen des Stoßes ist in so fern jederzeit eine gewisse Gleichheit nothwendig:      
  11 daß nach dem Stoße, wenn sie unelastisch sind, beider Körper      
  12 Geschwindigkeit jederzeit gleich sei, daß, wenn sie elastisch sind, beide durch      
  13 die Federkraft immer gleich gestoßen werden und zwar mit einer Kraft,      
  14 womit der Stoß geschah, daß der Mittelpunkt der Schwere beider Körper      
  15 durch den Stoß in seiner Ruhe oder Bewegung gar nicht verändert wird      
  16 etc. etc. Die Verhältnisse des Raums sind so unendlich mannigfaltig und      
  17 verstatten gleichwohl eine so gewisse Erkenntniß und klare Anschauung,      
  18 daß, gleichwie sie schon öfters zu Symbolen der Erkenntnisse von ganz      
  19 anderer Art vortrefflich gedient haben (z. E. die Erwartungen in den      
  20 Glücksfällen auszudrücken), also auch Mittel an die Hand geben können,      
  21 die Regeln der Vollkommenheit in natürlich nothwendigen Wirkungsgesetzen,      
  22 in so fern sie auf Verhältnisse ankommen, aus den einfachsten      
  23 und allgemeinsten Gründen zu erkennen.      
           
  24 Ehe ich diese Betrachtung beschließe, will ich alle verschiedene Grade      
  25 der philosophischen Erklärungsart der in der Welt vorkommenden Erscheinungen      
  26 der Vollkommenheit, in so fern man sie insgesammt unter Gott      
  27 betrachtet, anführen, indem ich von derjenigen Art zu urtheilen anfange,      
  28 wo die Philosophie sich noch verbirgt, und bei derjenigen endige, wo sie      
  29 ihre größte Bestrebung zeigt. Ich rede von der Ordnung, Schönheit und      
  30 Anständigkeit, in so fern sie der Grund ist, die Dinge der Welt auf eine      
  31 der Weltweisheit anständige Art einem göttlichen Urheber unter zu ordnen.      
           
  32 Erstlich, man kann eine einzelne Begebenheit in dem Verlaufe der      
  33 Natur als etwas unmittelbar von einer göttlichen Handlung Herrührendes      
  34 ansehen, und die Philosophie hat hier kein ander Geschäfte als nur      
  35 einen Beweisgrund dieser außerordentlichen Abhängigkeit anzuzeigen.      
           
  36 Zweitens, man betrachtet eine Begebenheit der Welt als eine,      
  37 worauf als auf einen einzelnen Fall die Mechanik der Welt von der      
           
     

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