Kant: AA I, Gedanken von der wahren ... , Seite 085 |
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| 01 | Wegen der metaphysischen Auflösung dieser Schwierigkeit dürfen | ||||||
| 02 | wir nur immerhin unbekümmert sein, denn es mag hiemit beschaffen | ||||||
| 03 | sein, wie es wolle, so thut die Mathematik doch einmal den Ausspruch, | ||||||
| 04 | und nach ihrem Urtheile kann man nicht länger zweifeln. | ||||||
| 05 | § 79. |
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| 06 | Aus der Zertheilung der Bewegung ist klar, daß, | In der | |||||
| 07 | wenn ein Körper nach einander gegen viele Flächen in | Leibnizischen | |||||
| 08 | schräger Richtung anläuft, er seine Bewegung alsdann | Kräftenschätzung | |||||
| 09 | gänzlich verliere, wenn die Summe der Quadrate aller | ist die | |||||
| 10 | Sinuum angulorum incidentiä dem Quadrate des Sinus | Summe der in | |||||
| 11 | totius , der die erste Geschwindigkeit seiner Bewegung anzeigt, | schräger Richtung | |||||
| 12 | gleich ist. Bis dahin sind alle Mechaniker einig, | ausgeübten | |||||
| 13 | die Cartesianer hievon nicht ausgenommen. Allein hieraus | Kräfte der | |||||
| 14 | folgt für die Leibnizianer insbesondere: daß der Körper, | Diagonalkraft | |||||
| 15 | wenn man die Schätzung nach dem Quadrat statt finden | gleich; allein | |||||
| 16 | läßt, alsdann alle seine Bewegung verloren habe, wenn | bei der Cartesianischen | |||||
| 17 | die in schräger Richtung ausgeübten Kräfte alle zusammen | ist | |||||
| 18 | der Kraft, die ihm in gerader Bewegung beiwohnt, gleich | jene öftermals | |||||
| 19 | sind. Hingegen nach der Cartesianischen Schätzung verhält | unendliche mal | |||||
| 20 | es sich hiemit ganz anders. Die Kräfte, die der Körper durch | größer als | |||||
| 21 | viele nach einander folgende Stöße in schräger Richtung ausübt, | diese. | |||||
| 22 | bis alle seine Bewegung verzehrt ist, sind nach derselben zusammen | ||||||
| 23 | viel größer, als die einzige unzertheilte Kraft, die er in gerader Bewegung | ||||||
| 24 | besitzt. Also hat alsdann der Körper seine Bewegung noch | ||||||
| 25 | nicht verloren, wenn die Summe aller in zertheilter Bewegung ausgeübten | ||||||
| 26 | Kräfte seiner ganzen unzertheilten Kraft schon gleich ist. | ||||||
| 27 | Denn ein Körper kann in Ansehung vieler schiefen Flächen weit mehr | ||||||
| 28 | ausrichten, als gegen diejenige, die er in gerader Richtung perpendicular | ||||||
| 29 | anstößt, und zwar dergestalt: daß (wenn man annimmt, die Neigung | ||||||
| 30 | des Stoßes geschehe auf alle schiefe Flächen in gleichen Winkeln) sich | ||||||
| 31 | die Größe der Kraft, die da nöthig ist, um einen Körper durch schräg | ||||||
| 32 | entgegengesetzte Hindernisse seine Kraft zu verzehren, zu derjenigen, | ||||||
| 33 | welche in gerader Richtung dieselbe aufheben würde, verhalte, wie der | ||||||
| 34 | Sinus totus zu dem Sinui des Einfallswinkels. Sie ist also z. E., | ||||||
| 35 | wenn der Sinus totus zum Sinui anguli incidentiä wie 2:1 ist, auch | ||||||
| 36 | zweimal so groß als diese, wenn er wie 8:1 ist, achtmal, und wenn | ||||||
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