Kant: AA I, Gedanken von der wahren ... , Seite 069 |
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| 01 | § 59. |
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| 02 | Es ist den Vertheidigern der lebendigen Kräfte schon | Der Stoß | |||||
| 03 | öfters eingeschärft worden: daß die Bewegungen unelastischer | unelastischer | |||||
| 04 | Körper durch den Stoß viel geschickter sind es auszumachen, | Körper ist in | |||||
| 05 | ob die lebendigen Kräfte statt haben oder | Absicht auf die | |||||
| 06 | nicht, als die Bewegung der elastischen. Denn in diesen | lebendigen | |||||
| 07 | mischt sich die Federkraft immer mit ein und macht die | Kräfte entscheidender | |||||
| 08 | Verwirrungen unendlich, da hingegen jener ihre Bewegung | als der Stoß der | |||||
| 09 | durch nichts als die Wirkung und Gegenwirkung allein | elastischen. | |||||
| 10 | bestimmt wird. Es ist kein Zweifel, daß die Leibnizianer sich durch | ||||||
| 11 | die Deutlichkeit dieses Gedankens würden überzeugen lassen, wenn er | ||||||
| 12 | nur nicht das ganze Gebäude der lebendigen Kräfte umkehrte. | ||||||
| 13 | § 60. |
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| 14 | Sie sind daher genöthigt worden zu einer Ausnahme | Die Ausflucht | |||||
| 15 | ihre Zuflucht zu nehmen, welche vielleicht die schlechteste | der Leibnizianer | |||||
| 16 | ist, der man sich jemals bedient hat. Sie behaupten | in Absicht | |||||
| 17 | nämlich: daß sich stets in dem Stoße unelastischer Körper | auf den | |||||
| 18 | ein Theil der Kraft verliere, indem derselbe angewandt | Einwurf, der | |||||
| 19 | wird, die Theile des Körpers einzudrücken. Daher geht | ihnen von dem | |||||
| 20 | die Hälfte der Kraft, die ein unelastischer Körper hat, | Stoße unelastischer | |||||
| 21 | verloren, wenn er an einen andern von gleicher Masse, | Körper | |||||
| 22 | der in Ruhe ist, anstößt, und verzehrt sich bei dem Eindrücken der | gemacht wird. | |||||
| 23 | Theile. | ||||||
| 24 | § 61. |
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| 25 | Dieser Gedanke hat mehr wie eine schlimme Seite. | Der Ursprung | |||||
| 26 | Wir wollen einige derselben betrachten. | dieses irrigen | |||||
| Gedankens. | |||||||
| 27 | Es kann uns gleich beim ersten Anblicke nicht schwer | ||||||
| 28 | werden, die Quelle dieses Irrthums wahrzunehmen. Man weiß es | ||||||
| 29 | theils durch die Erfahrung, theils durch die Gründe der Naturlehre: | ||||||
| 30 | daß ein harter Körper, der im Stoße seine Figur nur sehr wenig oder | ||||||
| 31 | gar nicht ändert, allemal elastisch sei, und daß im Gegentheil die | ||||||
| 32 | Theile unelastischer Körper so zusammen gefügt sind, daß sie beim Stoße | ||||||
| 33 | weichen und eingedrückt werden. Diese Eigenschaften hat die Natur | ||||||
| 34 | gemeiniglich zusammen verbunden; allein in einer mathematischen Betrachtung | ||||||
| 35 | sind wir nicht genöthigt sie zusammen zu nehmen. | ||||||
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