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Kant: AA VI, Die Religion innerhalb der ... , Seite 128 |
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01 |
sehr zerrüttet war) gestellten, sondern aus dem schon durch allmählig darin |
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öffentlich gewordene moralische Lehren mit einem Religionsglauben vermischten |
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Judenthum, in einem Zustande, wo diesem sonst unwissenden |
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Volke schon viel fremde (griechische) Weisheit zugekommen war, welche |
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vermuthlich auch dazu beitrug, es durch Tugendbegriffe aufzuklären und |
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bei der drückenden Last ihres Satzungsglaubens zu Revolutionen zuzubereiten, |
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bei Gelegenheit der Verminderung der Macht der Priester durch |
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ihre Unterwerfung unter die Oberherrschaft eines Volks, das allen fremden |
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Volksglauben mit Gleichgültigkeit ansah, - aus einem solchen Judenthum |
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erhob sich nun plötzlich, obzwar nicht unvorbereitet, das Christenthum. |
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Der Lehrer des Evangeliums kündigte sich als einen vom Himmel |
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gesandten, indem er zugleich als einer solchen Sendung würdig den Frohnglauben |
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(an gottesdienstliche Tage, Bekenntnisse und Gebräuche) für an |
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sich nichtig, den moralischen dagegen, der allein die Menschen heiligt, "wie |
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ihr Vater im Himmel heilig ist", und durch den guten Lebenswandel seine |
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Ächtheit beweist, für den alleinseligmachenden erklärte, nachdem er aber |
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durch Lehre und Leiden bis zum unverschuldeten und zugleich verdienstlichen |
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Tode*) an seiner Person ein dem Urbilde der allein Gott wohlgefälligen |
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*) Mit welchem sich die öffentliche Geschichte desselben (die daher auch allgemein zum Beispiel der Nachfolge dienen konnte) endigt. Die als Anhang hinzugefügte geheimere, bloß vor den Augen seiner Vertrauten vorgegangene Geschichte seiner Auferstehung und Himmelfahrt (die, wenn man sie bloß als Vernunftideen nimmt, den Anfang eines andern Lebens und Eingang in den Sitz der Seligkeit, d. i. in die Gemeinschaft mit allen Guten, bedeuten würden) kann ihrer historischen Würdigung unbeschadet zur Religion innerhalb der Gränzen der bloßen Vernunft nicht benutzt werden. Nicht etwa deswegen, weil sie Geschichtserzählung ist (denn das ist auch die vorhergehende), sondern weil sie, buchstäblich genommen, einen Begriff, der zwar der sinnlichen Vorstellungsart der Menschen sehr angemessen, der Vernunft aber in ihrem Glauben an die Zukunft sehr lästig ist, nämlich den der Materialität aller Weltwesen, annimmt, sowohl den Materialism der Persönlichkeit des Menschen (den psychologischen), die nur unter der Bedingung eben desselben Körpers statt finde, als auch der Gegenwart in einer Welt überhaupt (den kosmologischen), welcher nach diesem Princip nicht anders als räumlich sein könne: wogegen die Hypothese des Spiritualismus vernünftiger Weltwesen, wo der Körper todt in der Erde bleiben und doch dieselbe Person lebend da sein, imgleichen der Mensch dem Geiste nach (in seiner nicht sinnlichen Qualität) zum Sitz der Seligen, ohne in irgend einen Ort im unendlichen Raume, der die Erde umgiebt (und den wir auch Himmel nennen), versetzt zu werden, gelangen kann, der Vernunft günstiger ist, nicht bloß wegen der Unmöglichkeit, sich eine denkende Materie verständlich [Seitenumbruch] zu machen, sondern vornehmlich wegen der Zufälligkeit, der unsere Existenz nach dem Tode dadurch ausgesetzt wird, daß sie bloß auf dem Zusammenhalten eines gewissen Klumpens Materie in gewisser Form beruhen soll, anstatt daß sie die Beharrlichkeit einer einfachen Substanz als auf ihre Natur gegründet denken kann. - Unter der letztern Voraussetzung (der des Spiritualismus) aber kann die Vernunft weder ein Interesse dabei finden, einen Körper, der, so geläutert er auch sein mag, doch (wenn die Persönlichkeit auf der Identität desselben beruht) immer aus demselben Stoffe, der die Basis seiner Organisation ausmacht, bestehen muß, und den er selbst im Leben nie recht lieb gewonnen hat, in Ewigkeit mit zu schleppen, noch kann sie es sich begreiflich machen, was diese Kalkerde, woraus er besteht, im Himmel, d. i. in einer andern Weltgegend soll, wo vermuthlich andere Materien die Bedingung des Daseins und der Erhaltung lebender Wesen ausmachen möchten. |
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