Kant: AA VI, Die Religion innerhalb der ... , Seite 115

     
           
 

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Text (Kant):

 

 

 

 
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VII

     
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Der allmählige Übergang des Kirchenglaubens

     
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zur Alleinherrschaft des reinen Religionsglaubens ist die

     
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Annäherung des Reichs Gottes.

     
           
  05 Das Kennzeichen der wahren Kirche ist ihre Allgemeinheit; hievon      
  06 aber ist wiederum das Merkmal ihre Nothwendigkeit und ihre nur auf      
  07 eine einzige Art mögliche Bestimmbarkeit. Nun hat der historische Glaube      
  08 (der auf Offenbarung als Erfahrung gegründet ist) nur particuläre Gültigkeit,      
  09 für die nämlich, an welche die Geschichte gelangt ist, worauf er      
  10 beruht, und enthält wie alle Erfahrungserkenntniß nicht das Bewußtsein,      
  11 daß der geglaubte Gegenstand so und nicht anders sein müsse, sondern      
  12 nur, daß er so sei, in sich; mithin enthält er zugleich das Bewußtsein seiner      
  13 Zufälligkeit. Also kann er zwar zum Kirchenglauben (deren es mehrere      
  14 geben kann) zulangen, aber nur der reine Religionsglaube, der sich gänzlich      
  15 auf Vernunft gründet, kann als nothwendig, mithin für den einzigen      
  16 erkannt werden, der die wahre Kirche auszeichnet. - Wenn also gleich      
  17 (der unvermeidlichen Einschränkung der menschlichen Vernunft gemäß)      
  18 ein historischer Glaube als Leitmittel die reine Religion afficirt, doch mit      
  19 dem Bewußtsein, daß er bloß ein solches sei, und dieser als Kirchenglaube      
  20 ein Princip bei sich führe, dem reinen Religionsglauben sich continuirlich zu      
  21 nähern, um jenes Leitmittel endlich entbehren zu können, so kann eine solche      
  22 Kirche immer die wahre heißen, da aber über historische Glaubenslehren      
  23 der Streit nie vermieden werden kann, nur die streitende Kirche genannt      
  24 werden; doch mit der Aussicht, endlich in die unveränderliche und alles      
  25 vereinigende triumphirende auszuschlagen! Man nennt den Glauben      
  26 jedes einzelnen, der die moralische Empfänglichkeit (Würdigkeit) mit sich      
  27 führt, ewig glückselig zu sein, den seligmachenden Glauben. Dieser      
  28 kann also auch nur ein einziger sein und bei aller Verschiedenheit des      
  29 Kirchenglaubens doch in jedem angetroffen werden, in welchem er, sich auf      
  30 sein Ziel, den reinen Religionsglauben, beziehend, praktisch ist. Der Glaube      
  31 einer gottesdienstlichen Religion ist dagegen ein Frohn= und Lohnglaube      
  32 ( fides mercennaria, servilis ) und kann nicht für den seligmachenden angesehen      
  33 werden, weil er nicht moralisch ist. Denn dieser muß ein freier, auf      
  34 lautere Herzensgesinnungen gegründeter Glaube ( fides ingenua ) sein. Der      
  35 erstere wähnt durch Handlungen (des cultus ), welche (obzwar mühsam)      
  36 doch für sich keinen moralischen Werth haben, mithin nur durch Furcht      
           
     

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