Kant: AA III, Kritik der reinen Vernunft ... , Seite 127 |
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| 01 | müssen. Denn Gesetze existiren eben so wenig in den Erscheinungen, | ||||||
| 02 | sondern nur relativ auf das Subject, dem die Erscheinungen | ||||||
| 03 | inhäriren, so fern es Verstand hat, als Erscheinungen nicht an sich existiren, | ||||||
| 04 | sondern nur relativ auf dasselbe Wesen, so fern es Sinne hat. Dingen an | ||||||
| 05 | sich selbst würde ihre Gesetzmäßigkeit nothwendig auch außer einem Verstande, | ||||||
| 06 | der sie erkennt, zukommen. Allein Erscheinungen sind nur Vorstellungen | ||||||
| 07 | von Dingen, die nach dem, was sie an sich sein mögen, unerkannt | ||||||
| 08 | da sind. Als bloße Vorstellungen aber stehen sie unter gar keinem Gesetze | ||||||
| 09 | der Verknüpfung, als demjenigen, welches das verknüpfende Vermögen | ||||||
| 10 | vorschreibt. Nun ist das, was das Mannigfaltige der sinnlichen Anschauung | ||||||
| 11 | verknüpft, Einbildungskraft, die vom Verstande der Einheit | ||||||
| 12 | ihrer intellectuellen Synthesis und von der Sinnlichkeit der Mannigfaltigkeit | ||||||
| 13 | der Apprehension nach abhängt. Da nun von der Synthesis der | ||||||
| 14 | Apprehension alle mögliche Wahrnehmung, sie selbst aber, diese empirische | ||||||
| 15 | Synthesis, von der transscendentalen, mithin den Kategorien abhängt, so | ||||||
| 16 | müssen alle mögliche Wahrnehmungen, mithin auch alles, was zum empirischen | ||||||
| 17 | Bewußtsein immer gelangen kann, d. i. alle Erscheinungen der | ||||||
| 18 | Natur, ihrer Verbindung nach unter den Kategorien stehen, von welchen | ||||||
| 19 | die Natur (bloß als Natur überhaupt betrachtet) als dem ursprünglichen | ||||||
| 20 | Grunde ihrer nothwendigen Gesetzmäßigkeit (als natura formaliter spectata ) | ||||||
| 21 | abhängt. Auf mehrere Gesetze aber als die, auf denen eine Natur | ||||||
| 22 | überhaupt als Gesetzmäßigkeit der Erscheinungen in Raum und Zeit | ||||||
| 23 | beruht, reicht auch das reine Verstandesvermögen nicht zu, durch bloße | ||||||
| 24 | Kategorien den Erscheinungen a priori Gesetze vorzuschreiben. Besondere | ||||||
| 25 | Gesetze, weil sie empirisch bestimmte Erscheinungen betreffen, können davon | ||||||
| 26 | nicht vollständig abgeleitet werden, ob sie gleich alle insgesammt | ||||||
| 27 | unter jenen stehen. Es muß Erfahrung dazu kommen, um die letztere | ||||||
| 28 | überhaupt kennen zu lernen; von Erfahrung aber überhaupt und dem, | ||||||
| 29 | was als ein Gegenstand derselben erkannt werden kann, geben allein jene | ||||||
| 30 | Gesetze a priori die Belehrung. | ||||||
| 31 | § 27. |
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| 32 | Resultat dieser Deduction der Verstandesbegriffe. |
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| 33 | Wir können uns keinen Gegenstand denken, ohne durch Kategorien; | ||||||
| 34 | wir können keinen gedachten Gegenstand erkennen, ohne durch Anschauungen, | ||||||
| 35 | die jenen Begriffen entsprechen. Nun sind alle unsere Anschauungen | ||||||
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