Kant: AA III, Kritik der reinen Vernunft ... , Seite 125

     
           
 

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Text (Kant):

 

 

 

 
  01 sondern als Anschauungen selbst (die ein Mannigfaltiges enthalten),      
  02 also mit der Bestimmung der Einheit dieses Mannigfaltigen in      
  03 ihnen a priori vorgestellt (siehe transsc. Ästhet.)*). Also ist selbst schon      
  04 Einheit der Synthesis des Mannigfaltigen außer oder in uns, mithin      
  05 auch eine Verbindung, der alles, was im Raume oder der Zeit bestimmt      
  06 vorgestellt werden soll, gemäß sein muß, a priori als Bedingung      
  07 der Synthesis aller Apprehension schon mit (nicht in) diesen Anschauungen      
  08 zugleich gegeben. Diese synthetische Einheit aber kann keine andere      
  09 sein, als die der Verbindung des Mannigfaltigen einer gegebenen Anschauung      
  10 überhaupt in einem ursprünglichen Bewußtsein, den Kategorien      
  11 gemäß, nur auf unsere sinnliche Anschauung angewandt. Folglich      
  12 steht alle Synthesis, wodurch selbst Wahrnehmung möglich wird, unter      
  13 den Kategorien; und da Erfahrung Erkenntniß durch verknüpfte Wahrnehmungen      
  14 ist, so sind die Kategorien Bedingungen der Möglichkeit der      
  15 Erfahrung und gelten also a priori auch von allen Gegenständen der Erfahrung.      
           
  17 Wenn ich also z. B. die empirische Anschauung eines Hauses durch      
  18 Apprehension des Mannigfaltigen derselben zur Wahrnehmung mache, so      
  19 liegt mir die nothwendige Einheit des Raumes und der äußeren sinnlichen      
  20 Anschauung überhaupt zum Grunde, und ich zeichne gleichsam seine      
  21 Gestalt dieser synthetischen Einheit des Mannigfaltigen im Raume gemäß.      
  22 Eben dieselbe synthetische Einheit aber, wenn ich von der Form des      
  23 Raumes abstrahire, hat im Verstande ihren Sitz und ist die Kategorie      
  24 der Synthesis des Gleichartigen in einer Anschauung überhaupt, d. i. die      
           
    *) Der Raum, als Gegenstand vorgestellt (wie man es wirklich in der Geometrie bedarf), enthält mehr als bloße Form der Anschauung, nämlich Zusammenfassung des Mannigfaltigen nach der Form der Sinnlichkeit Gegebenen in eine anschauliche Vorstellung, so daß die Form der Anschauung bloß Mannigfaltiges, die formale Anschauung aber Einheit der Vorstellung giebt. Diese Einheit hatte ich in der Ästhetik bloß zur Sinnlichkeit gezählt, um nur zu bemerken, daß sie vor allem Begriffe vorhergehe, ob sie zwar eine Synthesis, die nicht den Sinnen angehört, durch welche aber alle Begriffe von Raum und Zeit zuerst möglich werden, voraussetzt. Denn da durch sie (indem der Verstand die Sinnlichkeit bestimmt) der Raum oder die Zeit als Anschauungen zuerst gegeben werden, so gehört die Einheit dieser Anschauung a priori zum Raume und der Zeit und nicht zum Begriffe des Verstandes (§ 24).      
           
     

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