Kant: AA III, Kritik der reinen Vernunft ... , Seite 123

     
           
 

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Text (Kant):

 

 

 

 
  01
§ 25.
     
           
  02 Dagegen bin ich mir meiner selbst in der transscendentalen Synthesis      
  03 des Mannigfaltigen der Vorstellungen überhaupt, mithin in der      
  04 synthetischen ursprünglichen Einheit der Apperception bewußt, nicht wie      
  05 ich mir erscheine, noch wie ich an mir selbst bin, sondern nur daß ich bin.      
  06 Diese Vorstellung ist ein Denken, nicht ein Anschauen. Da nun zum      
  07 Erkenntniß unserer selbst außer der Handlung des Denkens, die das      
  08 Mannigfaltige einer jeden möglichen Anschauung zur Einheit der Apperception      
  09 bringt, noch eine bestimmte Art der Anschauung, dadurch dieses      
  10 Mannigfaltige gegeben wird, erforderlich ist, so ist zwar mein eigenes      
  11 Dasein nicht Erscheinung (vielweniger bloßer Schein), aber die Bestimmung      
  12 meines Daseins*) kann nur der Form des inneren Sinnes gemäß      
  13 nach der besonderen Art, wie das Mannigfaltige, das ich verbinde, in der      
  14 inneren Anschauung gegeben wird, geschehen; und ich habe also demnach      
  15 keine Erkenntniß von mir, wie ich bin, sondern bloß, wie ich mir selbst      
  16 erscheine. Das Bewußtsein seiner selbst ist also noch lange nicht ein Erkenntniß      
  17 seiner selbst unerachtet aller Kategorien, welche das Denken eines      
  18 Objects überhaupt durch Verbindung des Mannigfaltigen in einer      
  19 Apperception ausmachen. So wie zum Erkenntnisse eines von mir verschiedenen      
  20 Objects außer dem Denken eines Objects überhaupt (in der      
  21 Kategorie) ich doch noch einer Anschauung bedarf, dadurch ich jenen allgemeinen      
  22 Begriff bestimme, so bedarf ich auch zum Erkenntnisse meiner selbst      
  23 außer dem Bewußtsein oder außer dem, daß ich mich denke, noch einer      
           
    *) Das: Ich denke, drückt den Actus aus, mein Dasein zu bestimmen. Das Dasein ist dadurch also schon gegeben, aber die Art, wie ich es bestimmen, d. i. das mannigfaltige zu demselben Gehörige in mir setzen solle, ist dadurch noch nicht gegeben. Dazu gehört Selbstanschauung, die eine a priori gegebene Form, d. i. die Zeit, zum Grunde liegen hat, welche sinnlich und zur Receptivität des Bestimmbaren gehörig ist. Habe ich nun nicht noch eine andere Selbstanschauung, die das Bestimmende in mir, dessen Spontaneität ich mir nur bewußt bin, eben so vor dem Actus des Bestimmens giebt, wie die Zeit das Bestimmbare, so kann ich mein Dasein als eines selbstthätigen Wesens nicht bestimmen; sondern ich stelle mir nur die Spontaneität meines Denkens, d. i. des Bestimmens, vor, und mein Dasein bleibt immer nur sinnlich, d. i. als das Dasein einer Erscheinung, bestimmbar. Doch macht diese Spontaneität, daß ich mich Intelligenz nenne.      
           
     

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