Kant: AA III, Kritik der reinen Vernunft ... , Seite 116 |
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01 | der Art, wie das Mannigfaltige zu einer empirischen Anschauung gegeben | ||||||
02 | werde, abstrahiren muß, um nur auf die Einheit, die in die Anschauung | ||||||
03 | vermittelst der Kategorie durch den Verstand hinzukommt, zu sehen. In | ||||||
04 | der Folge (§ 26) wird aus der Art, wie in der Sinnlichkeit die empirische | ||||||
05 | Anschauung gegeben wird, gezeigt werden, daß die Einheit derselben keine | ||||||
06 | andere sei, als welche die Kategorie nach dem vorigen § 20 dem Mannigfaltigen | ||||||
07 | einer gegebenen Anschauung überhaupt vorschreibt, und dadurch | ||||||
08 | also, daß ihre Gültigkeit a priori in Ansehung aller Gegenstände unserer | ||||||
09 | Sinne erklärt wird, die Absicht der Deduction allererst völlig erreicht werden. | ||||||
10 | Allein von einem Stücke konnte ich im obigen Beweise doch nicht abstrahiren, | ||||||
11 | nämlich davon, daß das Mannigfaltige für die Anschauung | ||||||
12 | noch vor der Synthesis des Verstandes und unabhängig von ihr gegeben | ||||||
13 | sein müsse; wie aber, bleibt hier unbestimmt. Denn wollte ich mir einen | ||||||
14 | Verstand denken, der selbst anschauete (wie etwa einen göttlichen, der nicht | ||||||
15 | gegebene Gegenstände sich vorstellte, sondern durch dessen Vorstellung die | ||||||
16 | Gegenstände selbst zugleich gegeben oder hervorgebracht würden), so würden | ||||||
17 | die Kategorien in Ansehung eines solchen Erkenntnisses gar keine Bedeutung | ||||||
18 | haben. Sie sind nur Regeln für einen Verstand, dessen ganzes | ||||||
19 | Vermögen im Denken besteht, d. i. in der Handlung, die Synthesis des | ||||||
20 | Mannigfaltigen, welches ihm anderweitig in der Anschauung gegeben | ||||||
21 | worden, zur Einheit der Apperception zu bringen, der also für sich gar | ||||||
22 | nichts erkennt, sondern nur den Stoff zum Erkenntniß, die Anschauung, | ||||||
23 | die ihm durchs Object gegeben werden muß, verbindet und ordnet. Von | ||||||
24 | der Eigenthümlichkeit unsers Verstandes aber, nur vermittelst der Kategorien | ||||||
25 | und nur gerade durch diese Art und Zahl derselben Einheit der | ||||||
26 | Apperception a priori zu Stande zu bringen, läßt sich eben so wenig ferner | ||||||
27 | ein Grund angeben, als warum wir gerade diese und keine andere Functionen | ||||||
28 | zu Urtheilen haben, oder warum Zeit und Raum die einzigen | ||||||
29 | Formen unserer möglichen Anschauung sind. | ||||||
30 | § 22. |
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31 | Die Kategorie hat keinen andern Gebrauch zum Erkenntnisse |
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32 | der Dinge, als ihre Anwendung auf Gegenstände der |
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33 | Erfahrung. |
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34 | Sich einen Gegenstand denken und einen Gegenstand erkennen, | ||||||
35 | ist also nicht einerlei. Zum Erkenntnisse gehören nämlich zwei Stücke: | ||||||
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