Kant: Briefwechsel, Brief 806, Von Ludwig Heinrich Iakob. |
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Von Ludwig Heinrich Iakob. | |||||||
Halle den 6 April 98 | |||||||
Meine Gedanken an Sie, mein würdiger Greiß, sind in diesen | |||||||
Tagen sehr beunruhigt worden, da einige Briefe aus Preußen keine | |||||||
erfreulichen Nachrichten über Ihr Wohlseyn enthalten. Der Gedanke, | |||||||
daß sich die ernsthafte Minute Ihnen bald näheren könnte, hat für | |||||||
Sie gewiß weniger Trauriges als für Ihre Freunde und vorzüglich | |||||||
für mich, der ich Ihnen die Ausbildung meines Geistes so innig danke. | |||||||
Was kann in meinem Herzen bey einer solchen Gemüthsstimmung wohl | |||||||
natürlicher seyn, als der Gedanke, daß Sie uns, die wir nie das Glück | |||||||
hatten Sie zu sehen, auch ein Andenken zurücklassen möchten, das | |||||||
vorzüglich Ihre Person betrift. Einige Nachrichten von Ihrem Leben, | |||||||
von der Ausbildung Ihres Geistes und Herzens würde ein sehr wichtiges | |||||||
Geschenk für Ihre Freunde seyn. Diese müssen überdem in der | |||||||
Besorgniß stehen, daß unbefugte Schreiber Biographien u. Anecdoten | |||||||
von Ihnen zusammentragen, welche theils erlogen theils entstellt sind. | |||||||
- Wollten Sie mir einen solchen Aufsaz anvertrauen; so würde ich | |||||||
ihn als ein Heiligthum aufbewahren, und, wenn der unsern Wünschen | |||||||
nach noch ferne traurige Augenblick eintreten sollte, der Sie uns entreißt | |||||||
ihn auf eine solche Art dem Publicum übergeben, wie es Ihr | |||||||
ehrwürdiger Nahme verdient. Gewiß können Sie keinen wärmeren | |||||||
Verehrer haben als mich, den nichts so sehr betrübt, als wenn er sehen | |||||||
muß, wie so viele den Geist der Critik durch leere und unverständliche | |||||||
Wörter entstellen, da er doch an sich selbst klar genug ist, um von | |||||||
jedermann verstanden zu werden, wenn man nur den rechten Gesichtspunct | |||||||
gefaßt hat. | |||||||
Ich bin seit einiger Zeit mit einer vom Nationalinstitut aufgegebenen | |||||||
Preisaufgabe beschäftiget gewesen: Quelles sont les institutions | |||||||
les plus propres à fonder la morale d'un peuple ? Die Sache zog | |||||||
mich an, und ich habe eine französische Beantwortung abgehen lassen. | |||||||
Wenigstens haben die Franzosen bessere moralische Begriffe sehr nöthig. | |||||||
Ein moralischer Volkskatechismus von Bulard der den Preis gewonnen | |||||||
u. der wirklich eingeführt ist, enthält nichts als die gewönliche Klugheitslehre, | |||||||
und ist voll unbestimmter Begriffe. In Ansehung ihrer | |||||||
Institutionen scheint auch manches verbessert werden zu müssen, und | |||||||
ich glaubte daher als Weltbürger ihnen meine Gedanken wohl mit anbieten | |||||||
zu können. | |||||||
Leben Sie wohl mein Würdiger Lehrer. Ich wünsche herzlich, | |||||||
daß Sie die Schwächen des Alters noch lange überwinden mögen. Mit | |||||||
der innigsten Verehrung | |||||||
der | |||||||
Ihrige | |||||||
LHIakob | |||||||
Unser gemeinschaftlicher Freund Beck empfiehlt sich Ihnen aufs beste | |||||||
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