Kant: Briefwechsel, Brief 775, Von Iacob Sigismund Beck.

     
           
 

 

 

 

 

 
  Von Iacob Sigismund Beck.      
           
  Halle den 9ten September 1797.      
           
  Hochachtungswürdiger Mann,      
           
  In Ihrem Briefe an Herrn Prof. Tieftrunk, den er die Güte gehabt,      
  mir mitzutheilen, schreiben Sie, daß es Ihnen nicht nöthig zu      
  seyn dünke, andere mit den Mishelligkeiten bekannt zu machen, welche      
  zwischen meiner Darstellung der critischen Philosophie und dieser selbst      
           
  schweben möchten. Es betrübt mich, daß Sie das Daseyn dieser Mishelligkeiten      
  hierin zuzugeben scheinen. Wäre es möglich persönlich über      
  diesen Gegenstand mich mit Ihnen zu unterhalten, so ist meine Gewisheit,      
  Sie vom Gegentheil zu überzeugen so groß, daß ich ohne Bedenken,      
  alles was ich besitze, dabey aufs Spiel zu setzen bereit seyn      
  würde. Was Herrn Schultz betrift, so ist mein Herz von aller Bitterkeit      
  gegen ihn frey, und ich wünsche mir Gelegenheit, ihm dieses durch      
  die That zu beweisen. Wenn er sich an meine Stelle setzen möchte,      
  so würde er das Beleidigende das in seinem Vorwurf liegt, der einmahl      
  nichts Geringeres als Unterschiebung einer unredlichen Absicht      
  enthält, und wodurch er zweytens mich mit den neuen philosophischen      
  Irrlichtern in eine Classe setzt, wohl selbst bemerken. Aber an sich      
  selbst liegt diesem Betragen Achtung für Sie und Interesse für die      
  Philosophie zum Grunde, und in diesen Stücken kann niemand einverstandener      
  mit ihm seyn, als ich es bin.      
           
  Künftige Ostern werde ich wahrscheinlich meinen Auffenthalt nach      
  Leipzig verlegen. Ich werde von meinen Leipziger Freunden dazu ermuntert,      
  weil mir als einem Preussischen Landeskinde Aussichten auf      
  die für Preussen bestimmte Collegiatur offen und ihrer Wahrscheinlichkeit      
  und Beträchtlichkeit wegen nicht in den Wind zu schlagen sind.      
  Wenn ich dann kein mathematisches Thema zu meiner Disputation      
  wählen sollte, so hätte ich fast Lust, in einer philosophischen Arbeit      
  das Fehlerhafte meiner bisherigen Darstellungen auszubessern. Geschieht      
  dieses aber auch nicht bey dieser Gelegenheit, so werde ich dazu      
  eine andere benutzen. Herrn Hofprediger Schultz bitte ich bey Gelegenheit      
  meiner Hochachtung zu versichern, der ich mit der größten      
           
  Hochachtung bin Der Ihrige      
    Beck.      
           
           
           
     

[ abgedruckt in : AA XII, Seite 199 ] [ Brief 774 ] [ Brief 776 ] [ Gesamtverzeichnis des Briefwechsels ]