Kant: Briefwechsel, Brief 771, Von Iohann Erich Biester.

     
           
 

 

 

 

 

 
  Von Iohann Erich Biester.      
           
  5. Aug. 1797.      
           
  Endlich, Verehrtester Herr Profeßor, bin ich im Stande Ihnen      
  den Beschluß der Berl. Monatsschrift zuzusenden, deren Ende Sie noch      
  bekrönet haben. Dieser trefliche und geistvolle Aufsatz ist ein wichtiges      
  Wort zu seiner Zeit; möge er doch recht viel wirken, um die unberufenen      
  Wortführer über Philosophie zurückzuweisen, um die Würde      
  u. die Unumstößlichkeit der praktischen Gebote einleuchtend zu machen,      
  und um Wahrhaftigkeit überall, auch in theologischen u. philosophischen      
  Streitigkeiten einzuführen!      
           
  Die Berl. Monatsschrift, welche langsam ihrem Hinscheiden entgegen      
  schlich, hat nunmehr ganz aufgehört. Eben die Verzögerung des      
  Abdruckes der Stücke hat den völligen Beschluß des Iournales endlich      
  nothwendig - und in der That, für mich selbst wünschenswehrt      
  gemacht. Mit dem Iulius dies. I. habe ich eine neue periodische Schrift      
  angefangen, die wenigstens richtig und ununterbrochen erscheinen wird,      
  da sie in Berlin gedruckt wird u. der Verleger ein eifriger thätiger      
  Mann ist. Wenn nur die gütigen Männer welche die Monatsschrift      
  mit ihren Aufsätzen beehrten, auch meine Blätter ihrer Beiträge      
  würdigen wollen! Ich bin so frei Ihnen die bis [jetzt] erschienenen      
  Bogen beizulegen.      
           
  Den Verlust welchen unser Staat durch des vortreflichen Wlömers      
  Tod erlitten, hat Ihre langjährige Freundschaft gewiß noch schmerzhafter      
  empfunden. Er ist ohne beträchtliche Schmerzen verschieden, u.      
  glaubte eben daher sein Ende noch nicht so nahe. Eigentlich war nur      
  Mattigkeit, gänzliche Abspannung aller Kräfte, seine Krankheit; wenn      
  er ausgestreckt lag, selbst wenn er im Wagen fuhr (welches er in seiner      
  Krankheit zuweilen that), erklärte er daß er sich völlig wohl u. wie      
           
  gesund befinde; aber sobald er nur mit einem Fuß auftreten oder gar      
  ein paar Schritte machen sollte, fühlte er seine gänzliche Kraftlosigkeit.      
  - Er war ein höchst edler, schätzens= und dabei liebenswürdiger      
  Mann!      
           
  Der Minister Struensee hat mir aufgetragen Sie recht sehr von      
  Ihm zu grüßen.      
           
  Bleiben Sie gütigst gewogen      
           
    Ihrem      
  Berlin, sehr verpflichteten      
  5 August 1797. Biester.      
           
           
           
     

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