Kant: Briefwechsel, Brief 746, An Christoph Wilhelm Hufeland.

     
           
 

 

 

 

 

 
  An Christoph Wilhelm Hufeland.      
           
  Koenigsberg den 19 April 1797      
           
  Ew: Wohlgebohren werden hoffentlich meinen, durch Hrn. D. Friedländer      
  in Berlin an Sie, mit der Danksagung für Ihr Geschenk des      
  Buchs von der Lebensverlängerung abgelassenen, Brief erhalten haben.      
  Ietzt erbitte ich für den, welcher Ihnen den gegenwärtigen zu überreichen      
  die Ehre hat, Hrn Motherby, Gewogenheit und Freundschaft, einen      
  von Engländischer Abkunft in Königsberg gebohrnen jungen Mann      
  von großem Talent, vieler schon erworbnen Kentnis, festem Vorsatz und      
  tugendhafter, dabey offener und menschenfreundlicher Denkungsart, wie      
  sein Vater der engl. Negoziant allhier, von jedermann geachtet und      
  geliebt und mein vieljähriger vertrauter Freund ist. - Was von mir      
  und, was sonst auf unserer Universität in sein Fach (die Medizin) einschlagendes      
  zu lernen war, hat er gründlich gelernt und so bitte ich      
  ihm die mehrere und größere Hülfsqvellen für sein Studium auch Ihres      
  Orts zu eröfnen; wobey er wegen des dazu erforderlichen Kostenaufwands      
  nicht in Verlegenheit seyn wird.      
           
  - Mir ist der Gedanke in den Kopf gekommen: eine Diätetik zu      
  entwerfen und solche an Sie zu adressiren, die blos "die Macht des      
  Gemüths über seine krankhafte körperliche Empfindungen" aus eigener      
           
  Erfahrung vorstellig machen soll; welche ein, wie ich glaube, nicht zu      
  verachtendes Experiment, ohne ein Anderes, als psychologisches Arzneymittel,      
  doch in die Lehre der Medicin aufgenommen zu werden verdiente,      
  welches, da ich mit Ende dieser Woche in mein 74stes Lebensjahr eintreten      
  und dadurch bisher glücklich alle wirkliche Krankheit (denn Unpäßlichkeit,      
  wie der jetzt epidemisch herrschende kopfbedrückende Catharr,      
  wird hiezu nicht gerechnet) abgewehrt habe, wohl Glauben und Nachfolge      
  bewirken dürfte. - Doch muß ich dieses, wegen anderweitiger Beschäftigung,      
  jetzt noch aussetzen.      
           
  Dem Manne, der Lebensverlängerung mit so einleuchtenden Gründen      
  und Beyspielen lehrt, langes und glückliches Leben zu wünschen,      
  ist schuldige Pflicht, mit deren Anerkennung und vollkommener Hochachtung      
  ich jederzeit bin      
           
    Ihr ergebenster treuer Diener      
    I Kant.      
           
           
           
     

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