Kant: Briefwechsel, Brief 532, Von Iohann Gottfried Lehmann. |
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Von Iohann Gottfried Lehmann. | |||||||
1. Oct. 1792. | |||||||
Wohlgebohrner, Hochgelahrter Herr, | |||||||
Höchstzuverehrender Herr Professor, | |||||||
Hochgeneigter Gönner! | |||||||
Billig solte ich mit Ew Wohlgeb., dem ersten Wohlthäter meines | |||||||
ältesten Sohnes, zutraulich reden. Und dennoch fühle ich jezt eine | |||||||
gewiße Blödigkeit. Ich leite solche von dem Einfluß Dero über gewohnliche | |||||||
Seelen so sehr erhabenen Geistes her. Sey ihm, wie es | |||||||
wolle, es soll mein Hertz reden. Die Sprache desselben pflegte auch in | |||||||
dem Munde des schwächern zu gefallen. Unverdienter Weise haben | |||||||
Sie, theuerster Gönner! meinem ältesten Sohn Dero Gewogenheit zugewendet, | |||||||
ihn mit vielfachen Beweisen Dero Wohlwollens beglückt, und | |||||||
nun auch, zur Fortsetzung seines Studirens ihm eine bleibende Stätte | |||||||
verschaft, durch Dero vielvermögende Fürsprache, durch welche er die | |||||||
Stelle eines Lehrers in der reformirten Schule erhalten hat. Ich | |||||||
leugne es nicht, das fortgesezte Wohlwollen eines solchen Kenners der Verdienste | |||||||
erweckt in meinem Väterl[ichen] Gemüthe die fröligsten Hofnungen | |||||||
über den jungen Mann. Dennoch schreibe ich das meiste Dero Großmuth | |||||||
und der hertzlenckenden Gnade unseres Gottes zu. So dancke ich | |||||||
Ihnen solche Hertzens Güte, wie nur ein zärtl[icher], an dem Glück seiner | |||||||
Kinder teilnehmender, Vater dancken kan. Dreymahl gesegnet ist mir | |||||||
die Stunde, in welcher mein Sohn gewürdiget wurde, einen Kant | |||||||
Seinen Lehrer und Führer zu nennen. Gesegnet werde von mir der | |||||||
edle Großmütige Weise der mein Kind mit Rath und That vielfach | |||||||
beseeligte, auf Zeit und Ewigkeit! Erhalten Sie, den ich mit der ungeheucheltesten | |||||||
Ehrerbietung nur nenne, diese väterliche Gewogenheit | |||||||
demselben. Wenn etwas mich in dieser Welt erfreuen kan; es ist, da | |||||||
mein Sohn Dero Güte mit der ächtesten Treue, Ehrerbietung und | |||||||
zuvorkommender Dienstfertigkeit erwiedere. Dann soll er mein liebstes | |||||||
Kind seyn! Und nun, mit Dero Erlaubniß, ein Wort von dem Iünglinge, | |||||||
welcher die Ehre hat, dieses Schreiben Hochdenenselben zu überreichen. | |||||||
Es ist mein zweyter Sohn, der 3 Iahr das Stettinsche Gymnasium | |||||||
frequentirt hat. Seine Lehrer bezeugen, daß er mit unbescholtenen | |||||||
Sitten, einen lobenswürdigen Fleiß und seinen Fähigkeiten gemäße | |||||||
Fortschritte vereinigte. Alles kommt beym gründl[ichen] Studiren auf gute | |||||||
Plane an. Ich hoffe, mein altester wird ihm solche entwerfen. Dürfte | |||||||
ich jedoch ehrerbietigst bitten, diesen Plan Selbst zu übersehen, und | |||||||
mit Dero Rath ihn zu einen guten Grund seines Wissens zu verhelfen? | |||||||
Ach! Ew. Wohlgeb. erzeigen solches einem Vater von 7 Kindern, der | |||||||
nicht irrdische Große, nicht Reichthum, für Sie von Gott erflehet; wohl | |||||||
aber daß ein jeder dem Stande, welchen er erwehlet, Genüge leiste, | |||||||
und seine Pflichten gewißenhaft erfülle. Sie erzeigen solches einem | |||||||
Manne, der mit der Höchsten Ehrerbietung und einer ewigen Erkentlichkeit | |||||||
sich nennet, | |||||||
Ew: Wohlgebohrnen | |||||||
Ducherow | gehorsamsten und verbundensten | ||||||
den 1ten Octobr | Diener | ||||||
1792. | Iohann Gottfried Lehmann. | ||||||
[ abgedruckt in : AA XI, Seite 371 ] [ Brief 531a ] [ Brief 533 ] [ Gesamtverzeichnis des Briefwechsels ] |