Kant: Briefwechsel, Brief 518, Von Iohann Erich Biester. |
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| Von Iohann Erich Biester. | |||||||
| 18. Iuni 1792. | |||||||
| Ich habe es nie recht begreifen können, warum Sie, mein verehrter | |||||||
| Freund, durchaus auf die hiesige Censur drangen. Aber ich | |||||||
| gehorchte Ihrem Verlangen, u. schickte das Mskpt an HE Hillmer. | |||||||
| Dieser antwortete mir dann, zu meinem nicht geringen Erstaunen: | |||||||
| "da es ganz in die bibl[ische] Theologie einschlage, habe er es, seiner Instruction | |||||||
| gemäß, mit seinem Collegen HEn Hermes gemeinschaftl. | |||||||
| durchgelesen, u. da dieser sein Imprimatur verweigere, trete er diesem | |||||||
| bei." Ich schrieb nun an HE Hermes, u. erhielt zur Antwort. "Das | |||||||
| Rel[igions]edikt sei hierin seine Richtschnur, weiter könne er sich nicht | |||||||
| darüber erklären." | |||||||
| Es muß wohl jeden empören, daß ein Hillmer u. Hermes sich | |||||||
| anmaßen wollen, der Welt vorzuschreiben, ob sie einen Kant lesen soll | |||||||
| oder nicht. - Es ist dies erst so eben passirt; ich weiß nun durchaus | |||||||
| noch nicht, was weiter zu thun ist. Aber ich glaube es mir u. den | |||||||
| Wissenschaften in unserm Staate schuldig zu sein, etwas dagegen zu thun. | |||||||
| Leben Sie recht wohl, wenn ein solcher Verfall unserer Litteratur | |||||||
| anders Ihnen keine unangenehme Stunde macht! | |||||||
| Biester. | |||||||
| Berlin, 18 Iun. 1792. | |||||||
| [ abgedruckt in : AA XI, Seite 343 ] [ Brief 517 ] [ Brief 518a ] [ Gesamtverzeichnis des Briefwechsels ] |
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