Kant: Briefwechsel, Öffentliche Erklärung 4, Erklärung wegen der von Hippel'schen Autorschaft. |
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Erklärung wegen der von Hippel'schen Autorschaft. | |||||||
6. Dec. 1796. | |||||||
Oeffentlich aufgefordert, zuerst von Hrn. M Flemming, nachher | |||||||
durch den Allg. litter. Anz. 1796 No. XXX S 327 - 328, wegen der | |||||||
Zumuthung, ich sei der Verfasser der anonymischen, dem sel. von Hippel | |||||||
zugeschriebenen Werke, des Buchs über die Ehe und der Lebensläufe | |||||||
in aufsteigender Linie, erkläre ich hiermit: "daß ich nicht | |||||||
der Verfasser derselben, weder allein, noch in Gemeinschaft mit ihm sei." | |||||||
Wie es aber, ohne hiezu ein Plagiat annehmen zu dürfen, zugegangen, | |||||||
daß doch in diesen ihm zugeschriebenen Werken so manche | |||||||
Stellen buchstäblich mit denen übereinkommen, die viel später in meinen | |||||||
auf die Kritik der reinen Vernunft folgenden Schriften als meine eigenen | |||||||
Gedanken noch zu seiner Lebenszeit vorgetragen werden können; das | |||||||
läßt sich, auch ohne jene den sel. Mann beleidigende und auch ohne | |||||||
meine Ansprüche schmälernde Hypothese, gar wohl begreiflich machen. | |||||||
Sie sind nach und nach fragmentarisch in die Hefte meiner Zuhörer | |||||||
geflossen, mit Hinsicht, von meiner Seite, auf ein System, was | |||||||
ich in meinem Kopfe trug, aber nur allererst in dem Zeitraume von | |||||||
1770 bis 1780 zu Stande bringen konnte. - Diese Hefte, welche Bruchstücke | |||||||
[enthielten], die unter anderen meinen Vorlesungen der Logik, der | |||||||
Moral, des Naturrechts u.s.w. vornämlich denen der Anthropologie, | |||||||
wie es gewöhnlich bei einem freien Vortrage des Lehrers zugeht, sehr | |||||||
mangelhaft, nachgeschrieben worden, fielen in des sel. Mannes Hände | |||||||
und wurden in der Folge von ihm gesucht, weil sie großen Theils neben | |||||||
trockenen Wissenschaften auch manches Populäre enthielten, was der | |||||||
aufgeweckte Mann in seine launigten Schriften mischen konnte, und so, | |||||||
durch die Zuthat des Nachgedachten, dem Gerichte des Witzes einen | |||||||
schärferen Geschmack zu geben die Absicht haben mochte. | |||||||
Nun kann, was in Vorlesungen als öffentlich zu Kauf gestellte | |||||||
Waare feil steht, von einem jeden benutzt werden, ohne sich deshalb | |||||||
nach dem Fabrikanten erkundigen zu dürfen; und so konnte mein | |||||||
Freund, der sich nie mit Philosophie sonderlich befaßt hat, jene ihm | |||||||
in die Hände gekommenen Materialien, gleichsam zur Würtze für den | |||||||
Gaumen seiner Leser, brauchen, ohne diesen Rechenschaft geben zu dürfen, | |||||||
ob sie aus des Nachbars Garten, oder aus Indien, oder aus seinem | |||||||
eigenen genommen wären. - Daraus ist auch erklärlich, wie dieser | |||||||
mein vertrauter Freund in unserm engen Umgange doch über seine | |||||||
Schriftstellerei in jenen Büchern nie ein Wort fallen lassen, ich selber aber | |||||||
aus gewöhnlicher Delikatesse ihn nie auf diese Materie habe bringen mögen. | |||||||
So löst sich das Räthsel auf, und einem jeden wird das Seine zu Theil. | |||||||
Königsberg, den 6. Dez. 1796 | |||||||
Immanuel Kant. | |||||||
[ abgedruckt in : AA XII, Seite 360 ] [ Öffentl. Erkl. 3 ] [ Öffentl. Erkl. 5 ] [ Gesamtverzeichnis des Briefwechsels ] |