Kant: Briefwechsel, Brief 418, Von Iohann Wilhelm Andreas Kosmann.

     
           
 

 

 

 

 

 
  Von Iohann Wilhelm Andreas Kosmann.      
           
  15. April 1790.      
           
  Wohlgebohrner,      
  Hochgeehrtester Herr Profeßor!      
  Endlich ist es mir gelungen mein Magazin für kritische und      
  populaire Philosophie, das ich dem Eberhardschen vorzüglich entgegen      
  sezze, zu Stande zu bringen. Noch vor Iohannis erscheint das erste      
  Stück und enthält:      
           
  1, einen Aufsazz von Herr Prof. Iakob über Erkennen: ein Vorschlag      
  zur Beseitlegung einiger philosophischen Streitigkeiten.      
  Der Herr Professor erklärt erkennen durch das Beziehen einer      
  Vorstellung auf einen bestimten Gegenstand. In sofern ich      
  nun durch allgemeine Begriffe mir Gott denke und diese Vorstellung      
  auf den durch diese allgemeine Begriffe bestimten Gegenstand      
  beziehe, in sofern kann ich in dieser Hinsicht wohl sagen      
  ich erkenne Gott, aber ich kann ihm das Praedikat der Existenz      
  der objektiven Realitaet desfals nicht beylegen.      
           
  2, einen Namenlosen Aufsazz über die bisherigen Gründe der Praktischen      
  Weltweisheit. Ein lesenswürdiger Commentar über einige      
  Stellen Ihrer Critik der praktischen Vernunfft      
           
  3, Ueber die transscendentelle Aesthetik ein Aufsazz von mir selbst,      
  wo ich den Einwürfen dHE. Feder, Maas, Weishaupt und den      
  Recensenten der allg. deutsch. Bibl. begegne und es darthue da      
  sie meist auf Misverständnißen beruhn. Wer das System der      
  Vernunfftcritik erschüttern will, muß hier beginnen anders ist es      
  nicht möglich. Aber auch dies ist unmöglich fals man nicht die      
  ganze Apodiktische Gewisheit der Mathematik über den Haufen      
  stoßen will. Wäre die Geometrie eine Wissenschafft aus Vernunfftbegriffen,      
  so müste sie sich auch ohne Figuren zu gebrauchen,      
  ohne an den Raum als eine unendliche und einige Größe, wenn      
  ich mich so ausdrucken darf, zu denken, tradiren lassen.      
           
  Einen Aufsazz von Herr Reinhold erwarte ich noch. Ew. Wohlgebohren      
  bitte ich gehorsamst um die Erlaubnis Ihnen den ersten Teil      
  zu senden und dann Ihr Urteil erwarten zu dürfen, ob das Buch es      
  verdient mit Ihrem Bildniß geziert zu werden. Hätten Sie einst      
           
  einen kleinen Aufsazz und wolten mich damit beehren oder mir einige      
  Recensionen zusenden, so würde es dankbar erkennen und Ihnen gern      
  alles, was Sie verlangten, an Honorar übersenden. Ich glaube meine      
  individuelle Lage und Schiksaale sollen der Welt darthun, daß es nicht      
  an Ihrer Critik liegt, daß Sie so häufig misverstanden werden. Die      
  VernunfftCritik glaube ganz zu verstehen, noch nicht aber Ihre übrige      
  Schrifften, woran ich mich jetzt aber auch wage. Ich wünschte mein      
  Magazin mit einigen Datis zu Ihrem Leben bereichern zu können,      
  ein Geschenk das die Welt gewis dankbar annehmen würde. Ueberbringern      
  dieses kann ich Ihnen als einen sehr fleisigen und rechtschaffenen      
  Iüngling emphelen. In Hochachtung verharre ich      
           
    Ew. Wohlgeb.      
    ganz gehorsamster Diener      
  Schweidniz den 15 ten April I. W. A. Kosmann      
  1790        
           
  Wegen rhevmatischer Zufälle in höchster Eil, die gütigst zu verzeihen      
  bitte.      
           
  Hr. Selbmann hat diesen Brief den 12 Junij. abgegeben.      
           
           
           
     

[ abgedruckt in : AA XI, Seite 152 ] [ Brief 417a ] [ Brief 419 ] [ Gesamtverzeichnis des Briefwechsels ]