Kant: Briefwechsel, Brief 368, Von Iohann Gottfried Hasse. |
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Von Iohann Gottfried Hasse. | |||||||
18. Iuni 1789. | |||||||
Wohlgebohrner | |||||||
Hochgelehrter, Hochzuverehrender Herr Professor! | |||||||
Ew. Wohlgebohrnen erlauben mir, eine Bitte schriftlich an Sie | |||||||
zu thun, die ich mündlich nicht thun wollte, damit sie desto unbefangener | |||||||
von Ihnen beurtheilt werden möge. Ich ziehe künftigen Winter zu | |||||||
meinem Schwiegervater auf den Tragheim, woselbst ich doch, der | |||||||
grössern Entfernung halber, nicht Collegia lesen kann, sondern ein | |||||||
Auditorium mehr in der Stadt miethen muß. Da ist es mir nun | |||||||
eingefallen, ob ich mich in meinem Lesen nicht mit Ihnen so combiniren | |||||||
könnte, daß ich, es versteht sich für Geld und gute Worte und | |||||||
ohne die geringste Beschwerde für Sie, ihr Auditorium brauchen könnte. | |||||||
Der Herr Professor lesen von 7-9 und Mittwochs und Sonnabends | |||||||
bis 10 - ich glaube auch künftig, wie bisher - In diesen Stunden | |||||||
werde ich nie lesen; ich bitte mir nur die Stunden von 9-12 und | |||||||
Mittwochs und Sonnabends von 10-12. aus, verspreche auch, den | |||||||
Nachmittag so leicht nicht zu lesen, damit das Haus nicht so offt beunruhigt | |||||||
werde. Sie selbst werde ich gar nicht inkommodiren, sonder | |||||||
zu meinem ZwischenAufenthaltsOrt die Neben=Abtheilung im Auditorio | |||||||
machen. Heitzung und Miethe will ich gern bezahlen. Ich bin von | |||||||
Ihrer menschenfreundlichen DenkungsArt und wohlwollender Gesinnung | |||||||
gegen mich überzeugt, daß Sie mir diesen Dienst erweisen. Ein wahrer | |||||||
Gefalle ist's für mich, indem ich keines Professor's Auditorium weis, | |||||||
das ich in dem Betracht nutzen könnte. Inzwischen soll auch eine abschlägliche | |||||||
Antwort nichts in meiner Ueberzeugung von Ihrer Güte | |||||||
gegen mich abändern, indem gar wohl Gründe seyn können, die die | |||||||
Sache etwas beschwerlich machen. Dürfte ich aber um eine baldige | |||||||
schriftliche Anzeige ergebenst bitten, damit ich im abschläglichen Fall mich | |||||||
nach einer andern Gelegenheit umsehen könnte? | |||||||
Mit nochmahliger Bitte um Verzeihung wegen meines so freymüthigen | |||||||
Vertrauens und den besten Wünschen für Ihr Wohl verharre | |||||||
ich mit der allerbesondersten Hochachtung | |||||||
Ew. Wohlgeb. | |||||||
ergebenster Diener | |||||||
I G Hasse D. | |||||||
d. 18 ten Iun. 1789. | |||||||
[ abgedruckt in : AA XI, Seite 065 ] [ Brief 367a ] [ Brief 369 ] [ Gesamtverzeichnis des Briefwechsels ] |