Kant: Briefwechsel, Brief 344, Von Iohann Friedrich Schwedler.

     
           
 

 

 

 

 

 
  Von Iohann Friedrich Schwedler.      
           
  22. Febr. 1789.      
           
  Wohlgeborner      
  Hochgelahrter HErr Profeßor,      
  Hochzuverehrender HErr.      
  Als ein Ihnen Unbekannter, wage ich es, Dieselben mit Gegenwärtigem      
  zu belästigen, in der Hoffnung, Ew. Wohlgeb. werden mein      
  Unternehmen, so dreist es auch ist, mir nicht verargen; denn ich habe      
  schon von vielen Personen, welche Proben von Dero großmüthigen      
  Gesinnung haben, vernommen, daß man in Angelegenheiten von der      
  Art, wie die meinigen sind, sich dreist an Ew. Wohlgeb. wenden dürfe.      
  Schon als ich noch in Halle die Theologie studierte, hegte ich den      
  Wunsch, einmal nach Königsberg kommen zu können, um Ew. Wohlgeb.      
  Unterricht in der Philosophie beizuwohnen. Während der vier      
  Iahre aber, seitdem ich schon von Halle weg bin, habe ich es meiner      
  ganz vermögenslosen Umstände wegen, noch nicht weiter in der Erreichung      
  meiner Absicht bringen können, als daß ich um 50 Meilen      
  weiter von Berlin, meiner Vaterstadt ab, und um so viel näher nach      
  Königsberg gekommen bin, indem ich bei dem Entrepreneur der Lippuschischen      
  Glasfabrike Namens Brockes, als Hauslehrer bei dessen      
  Kindern stehe; welches ich vor einem Iahre blos aus der Ursache angenommen      
  habe, um näher an Königsberg zu sein, und so vielleicht      
  einmal Gelegenheit zu finden, ganz dahin zu kommen. Bis jezt ist      
  mir dieses noch nicht gelungen; aber mein gegenwärtiger Plan wird      
  vielleicht von dem erwünschten Erfolge sein. Ich habe nemlich in      
  dieser Rüksicht mein Vertrauen gänzlich auf Ew. Wohlgeb. gesezt;      
  und frage daher bei Ihnen in Ergebenheit an, ob, wenn ich nach      
  Königsberg käme, ich daselbst etwa durch den Privatunterricht zur      
  Erwerbung meines Unterhalts Gelegenheit finden könnte; ob ich aber      
           
  auch alsdann so viel Zeit würde erübrigen können, um Ihren Vorlesungen      
  beizuwohnen, und dem ferneren Studium der Philosophie obliegen zu      
  können? Außerdem sind die Geschichte, Geometrie, Aesthetik, lateinische      
  u. französische Sprache, meine vorzüglichen Beschäftigungen gewesen,      
  und ich habe schon in Halle auf dem dortigen Waisenhause, in den      
  oberen Klassen der lateinischen Schule, darinnen Unterricht ertheilet.      
  Das Waisenhaus war mir überhaupt derjenige Ort, wo ich eigentlich      
  am Schul= u. Erziehungswesen Geschmak gefunden, und mich dazu      
  tüchtig zu machen gesucht habe, weshalb ich auch die Theologie gänzlich      
  habe fahren laßen, und mir nichts weiter wünsche als ein Schulamt,      
  wo ich neben einem mäßigen Auskommen, Geschäfte betreiben      
  kann, die meiner Neigung angemessen sind: ich hätte es vielleicht auch      
  schon dahin bringen können; aber mein Wunsch mich erst noch mehr      
  zuzubereiten, und vorzüglich Ew. Wohlgeb. philosophischen Unterricht      
  zu benuzen, ist die einzige Ursache, warum ich bis jezt noch nicht mit      
  dem gehörigen Ernste an der Verbesserung meiner Umstände gearbeitet      
  habe. Wenn ich nun das Glük haben, von Ew. Wohlgeb. mit einer      
  hochgeneigten Antwort erfreuet zu werden; so habe ich das Ziel aller      
  meiner Wünsche erreicht; und ich werde Ew. Wohlgeb. zeigen, da      
  Sie Dero mir unschäzbares Vertrauen nicht einem Unwürdigen geschenkt      
  haben. Der ich die Ehre habe mit der vollkommensten Hochachtung      
  zu beharren      
           
    Ew. Wohlgeb.      
    ganz ergebener u. gehorsamster Diener.      
    Iohann Friedrich Schwedler.      
  Glasfabrike bei Lippusch in Westpreußen        
  im Amte Behrend.        
  am 22t Febr. 1789.        
           
           
           
     

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