Kant: AA XXIII, Vorarbeiten zu Über den ... , Seite 130 |
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01 | Sache seyn würde obzwar wohl verwirken. Sie findet selbst bei Dienstboten | ||||||
02 | statt welche bestimmte mit ihrem möglichen Wunsche der Selbsterhaltung | ||||||
03 | zusammen bestehende Arbeiten für andere übernehmen können. | ||||||
04 | Ich kan in Ansehung der Glückseelichkeit überhaupt nicht sagen: ich | ||||||
05 | soll schlechthin weil es sehr zweifelhaft ist ob ich auch kann. Ich kann in Ansehung | ||||||
06 | der Errichtung eines gemeinen Wesens nicht sagen ich soll schlechthin | ||||||
07 | weil ich als Privatmensch wirklich nicht kann: Aber ich soll doch alle | ||||||
08 | moralische Bedingungen die jederzeit in meiner freyen Willkühr liegen | ||||||
09 | erfüllen um mich zu diesem Zustande so viel an mir ist zu schicken. | ||||||
10 | Das Recht der Menschen als Zwangsrecht muß nicht blos auf dem | ||||||
11 | Begriffe einer Pflicht die man jemand zumuthen kan beruhen sondern | ||||||
12 | setzt auch eine Macht voraus andere zu zwingen unserm Recht gnüge | ||||||
13 | zu thun. Diese Macht ist nun entweder eine solche welche bloßen Privatgesetzen | ||||||
14 | eines jeden (die ihm die Vernunft selbst allein vorschreibt) oder | ||||||
15 | den öffentlichen Gesetzen eines über alle (in einer gewissen Gemeinschaft | ||||||
16 | stehende) gebietenden Willens gemäs ist. Jene ist eine Privatmacht diese | ||||||
17 | eine öffentliche Macht. Der rechtliche Zustand (status iuridicus) der | ||||||
18 | Menschen unter öffentlichen Gesetzen ist der bürgerliche Zustand und das | ||||||
19 | Ganze vieler in diesem Zustande verbundener Menschen das Gemeine | ||||||
20 | Wesen. Also hat das Gemeine Wesen auch eine öffentliche Macht (vis | ||||||
21 | publica) für sich. | ||||||
22 | Die drey Sätze der Theorie sind richtig. Also kan wohl der Unterthan | ||||||
23 | eine Verfassung die nicht jenen Principien gemäs ist umstoßen. Nein | ||||||
24 | weder durch geheime Abtrünigmachung noch durch Aufruhr weil es | ||||||
25 | 1. ohne Recht geschehen würde (indem dazu das Erlaubnisgesetz fehlt) | ||||||
26 | 2. Auch wieder das Recht wenn nicht des Fürsten doch des Mitunterthans | ||||||
27 | gehandelt werden würde. | ||||||
28 | Aber auf die Art kan es niemals besser werden und jene Sätze | ||||||
29 | gelten in der Theorie aber nicht in der Praxis. | ||||||
30 | Man könnte zu N. II lit. c sagen Wenn was in der Theorie gilt | ||||||
31 | auch in der praxi gelten müßte (wie das so N. I war) so würde man sagen | ||||||
32 | können wenn eine Verfassung nicht nach dem Socialcontract eingerichtet | ||||||
33 | ist so haben die Unterthanen die Befugnis die wirkliche umzukehren und | ||||||
34 | eine neue zu stiften. Oder auch es lasse sich nach der Vorschrift aus dem | ||||||
35 | Naturzustande in einen solchen gesetzlichen leicht übergehen welches doch | ||||||
36 | die Geschichte wiederlegt. - Antwort - Ich kan nur aus der Nothwendigkeit | ||||||
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