Kant: AA XXIII, Vorarbeiten zur Religion innerhalb der ... , Seite 106

   
         
 

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LBl G 16 R III 52-53

   
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Erste Seite

   
         
  03 Die Stelle von der Befugnis der Schriftauslegung zur Einstimmung    
  04 mit der Vernunft wenn es nur möglich ist sie so zu verstehen.    
         
         
  05 Eine vom angebohrnen sündlichen Hange freye Person von einer    
  06 jungfräulichen Mutter gebähren zu lassen wird durch die Idee der sich zu    
  07 einem schweer zu erklärenden und doch nicht abzuläugnenden gleichsam    
  08 moralischen Instinct beqvemenden Vernunft veranlaßt da wir nämlich die    
  09 natürliche Zeugung weil sie nicht ohne Sinnenlust geschehen kann die    
  10 uns doch in zu nahe Verwandtschaft mit der allgemeinen Thiergattung    
  11 zu bringen scheint als etwas ansehen dessen man als gewissermaßen der    
  12 Würde des Menschen wiederstreitend sich zu schämen habe was sich aber    
  13 und die Neigung dazu sich als ein Fehler doch auf das Kind vererben    
  14 würde wenn es natürlicher weise gezeugt wäre. Sie ist also als eine freylich    
  15 dunkele der fehlerfreyen Menschheit wie wir sie auch zum Theil sinnlich    
  16 beurtheilen angemeßne Vorstellungsart einer Erzeugung ganz wohl    
  17 zuläßig obgleich sie als Theorie betrachtet (über welche aber etwas zu    
  18 bestimmen in moralischer Absicht gar nicht nöthig ist) ihre Schwierigkeit    
  19 hat weil man ihr zum Behuf das System der Involution (in ovulis) oder    
  20 auch der Epigenesis verwerfen und das der Präexistenz in dem bloßen    
  21 Männlichen Zeugungsstoffe annehmen müßte; denn sonst würde der    
  22 Keim des Bösen doch auf die Mutter die nach der natürlichen Zeugung    
  23 gebohren war vererbt worden seyn müssen und sich so ferner auf das    
  24 Kind wenigstens zur Hälfte haben fortpflanzen müssen und jene Hypothese    
  25 der Schwierigkeit nicht abhelfen.    
         
  26 Daher ist die Vorstellung der Erzeugung eines Menschen (der dem    
  27 Ideal der fehlerfreyen Menschheit angemessen wäre) ohne Geschlechtsgemeinschaft    
  28 eine für jenen dunkelen Begrif gantz schickliche Idee ob diese    
  29 zwar als Theorie verfolgt (worüber aber etwas zu bestimmen in practischer    
  30 Absicht garnicht nöthig ist) ihre große Schwierigkeit bey sich führt. Denn    
  31 die Mutter dieser heiligen Geburt stammt doch selbst durch natürliche    
  32 Zeugung von fehlerhaften Eltern ab und müßte also diesen Fehler wenigstens    
  33 zur Hälfte auch auf ihr übernatürlich erzeugtes Kind vererben wenn    
  34 man nicht zum Behuf der Theorie der natürlichen Fortpflanzung statt    
         
     

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