Kant: AA XX, Preisschrift über die ... , Seite 311 |
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01 | Anhang |
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02 | zur Übersicht des Ganzen. |
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03 | Wenn ein System so beschaffen ist, daß erstlich ein jedes Prinzip in | ||||||
04 | demselben für sich erweislich ist, zweytens, daß, wenn man ja seiner | ||||||
05 | Richtigkeit wegen besorgt wäre, es doch auch als bloße Hypothese unumgänglich | ||||||
06 | auf alle übrigen Prinzipien desselben als Folgerungen führt: so | ||||||
07 | kann gar nichts mehr verlangt werden, um seine Wahrheit anzuerkennen. | ||||||
08 | Nun ist es mit der Metaphysik wirklich so bewandt, wenn die Vernunftkritik | ||||||
09 | auf alle ihre Schritte sorgfältig Acht hat, und, wohin sie zuletzt | ||||||
10 | führen, in Betrachtung zieht. Es sind nämlich zwey Angeln, um welche | ||||||
11 | sie sich dreht: Erstlich die Lehre von der Idealität des Raumes und der | ||||||
12 | Zeit, welche in Ansehung der theoretischen Prinzipien aufs Übersinnliche, | ||||||
13 | aber für uns Unerkennbare, blos hinweiset, indessen daß sie auf ihrem | ||||||
14 | Wege zu diesem Ziel, wo sie es mit der Erkenntniß a priori der Gegenstände | ||||||
15 | der Sinne zu thun hat, theoretisch-dogmatisch ist; zweytens, die | ||||||
16 | Lehre von der Realität des Freyheitsbegriffes, als Begriffes eines erkennbaren | ||||||
17 | Übersinnlichen, wobei die Metaphysik doch nur praktisch-dogmatisch | ||||||
18 | ist. Beyde Angeln aber sind gleichsam in dem Pfosten des Vernunftbegriffes | ||||||
19 | von dem Unbedingten in der Totalität aller einander untergeordneter | ||||||
20 | Bedingungen eingesenkt, wo der Schein weggeschafft werden | ||||||
21 | soll, der eine Antinomie der reinen Vernunft, durch Verwechselung der | ||||||
22 | Erscheinungen mit den Dingen an sich selbst bewirkt, und in dieser Dialektik | ||||||
23 | selbst Anleitung zum übergange vom Sinnlichen zum Übersinnlichen | ||||||
24 | enthält. | ||||||
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