Kant: AA XX, Preisschrift über die ... , Seite 304 |
|||||||
Zeile:
|
Text (Kant):
|
|
|
||||
01 | aber ist er auf derselben) braucht, um ihren Hebel anzusetzen und das | ||||||
02 | Erkenntniß bis zum Übersinnlichen zu heben. | ||||||
03 | Wenn aber, den Satz eingeräumt, daß irgend etwas schlechterdings- | ||||||
04 | nothwendig existire, gleichwohl eben so gewiß ist, daß wir uns schlechterdings | ||||||
05 | keinen Begriff von irgend einem Dinge, das so existire, machen | ||||||
06 | und also dieses, als ein solches, nach seiner Naturbeschaffenheit ganz | ||||||
07 | und gar nicht bestimmen können (denn die analytischen Prädikate, | ||||||
08 | d.i. die, welche mit dem Begriffe der Nothwendigkeit einerley sind, z.B. | ||||||
09 | die Unveränderlichkeit, Ewigkeit, auch sogar die Einfachheit der Substanz, | ||||||
10 | sind keine Bestimmungen, daher auch die Einheit eines solchen Wesens | ||||||
11 | gar nicht bewiesen werden kann) — wenn es, sage ich, mit dem Versuche, | ||||||
12 | sich einen Begriff davon zu machen, so schlecht bestellt ist, so bleibt der | ||||||
13 | Begriff von diesem metaphysischen Gott immer ein leerer Begriff. | ||||||
14 | Nun ist es schlechterdings unmöglich, einen Begriff von einem | ||||||
15 | Wesen bestimmt anzugeben, welches von solcher Natur sey, daß ein | ||||||
16 | Widerspruch entspränge, wenn ich es in Gedanken aufhebe, gesetzt auch, | ||||||
17 | ich nehme es als das All der Realität an. Denn ein Widerspruch findet | ||||||
18 | in einem Urtheile nur alsdenn Statt, wenn ich ein Prädicat in einem | ||||||
19 | Urtheile aufhebe, und doch eines im Begriffe des Subjectes übrig behalte, | ||||||
20 | was mit diesem identisch ist, niemals aber, wenn ich das Ding sammt | ||||||
21 | allen seinen Prädicaten aufhebe, und z.B. sage: es ist kein allerrealestes | ||||||
22 | Wesen. | ||||||
23 | Also können wir uns von einem absolut-nothwendigen Dinge, | ||||||
24 | als einem solchen, schlechterdings keinen Begriff machen (wovon der | ||||||
25 | Grund der ist, daß es ein bloßer Modalitätsbegriff ist, der nicht als | ||||||
26 | Dinges-Beschaffenheit, sondern nur durch Verknüpfung der Vorstellung | ||||||
27 | von ihm mit dem Erkenntnißvermögen die Beziehung auf das Object | ||||||
28 | enthält). Also können wir aus seiner vorausgesetzten Existenz nicht im | ||||||
29 | mindesten auf Bestimmungen schließen, die unsre Erkenntniß desselben | ||||||
30 | über die Vorstellung seiner nothwendigen Existenz erweitern, und also | ||||||
31 | eine Art von Theologie begründen könnten. | ||||||
32 | Also sinkt der von einigen sogenannte kosmologische, aber doch | ||||||
33 | transscendentale Beweis, (weil er doch eine existirende Welt annimmt) | ||||||
34 | der gleichwohl, weil aus der Beschaffenheit einer Welt nichts geschlossen | ||||||
35 | werden will, sondern nur aus der Voraussetzung des Begriffes | ||||||
36 | von einem nothwendigen Wesen, also einem reinen Vernunftbegriffe | ||||||
37 | a priori, zur Ontologie gezählt werden kann, so wie der vorige, in sein | ||||||
38 | Nichts zurück. | ||||||
[ Seite 303 ] [ Seite 305 ] [ Inhaltsverzeichnis ] |