Kant: AA XX, Preisschrift über die ... , Seite 280 |
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01 | können, aber doch nothwendig zu einem Erkenntnisse gehören, wenn es | ||||||
02 | auch blos als ein practisches möglich wäre. | ||||||
03 | Das Symbol einer Idee (oder eines Vernunftbegriffes) ist eine Vorstellung | ||||||
04 | des Gegenstandes nach der Analogie, d.i. dem gleichen Verhältnisse | ||||||
05 | zu gewissen Folgen, als dasjenige ist, welches dem Gegenstande an | ||||||
06 | sich selbst, zu seinen Folgen beygelegt wird, obgleich die Gegenstände | ||||||
07 | selbst von ganz verschiedener Art sind, z.B. wenn ich gewisse Produkte | ||||||
08 | der Natur, wie etwa die organisirten Dinge, Thiere oder Pflanzen, in | ||||||
09 | Verhältniß auf ihre Ursache, mir wie eine Uhr, im Verhältniß auf den | ||||||
10 | Menschen, als Urheber, vorstellig mache, nämlich das Verhältniß der | ||||||
11 | Kausalität überhaupt, als Kategorie, in beyden eben dasselbe, aber das | ||||||
12 | Subject dieses Verhältnisses, nach seiner innern Beschaffenheit mir unbekannt | ||||||
13 | bleibt, jenes also allein, diese aber gar nicht dargestellt werden kann. | ||||||
14 | Auf diese Art kann ich vom Übersinnlichen, z.B. von Gott, zwar | ||||||
15 | eigentlich kein theoretisches Erkenntniß, aber doch ein Erkenntniß nach der | ||||||
16 | Analogie, und zwar die der Vernunft zu denken nothwendig ist, haben; | ||||||
17 | wobey die Kategorien zum Grunde liegen, weil sie zur Form des Denkens | ||||||
18 | nothwendig gehören, dieses mag auf das Sinnliche oder Übersinnliche | ||||||
19 | gerichtet seyn, ob sie gleich, und gerade eben darum, weil sie für sich noch | ||||||
20 | keinen Gegenstand bestimmen, kein Erkenntniß ausmachen. | ||||||
21 | Von der Trüglichkeit der Versuche, den Verstandesbegriffen, |
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22 | auch ohne Sinnlichkeit, objective Realität zuzugestehen. |
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23 | Nach bloßen Verstandesbegriffen ist, zwey Dinge außer einander | ||||||
24 | zu denken, die doch in Ansehung aller innern Bestimmungen (der Quantität | ||||||
25 | und Qualität) ganz einerley wären, ein Widerspruch; es ist immer | ||||||
26 | nur ein und dasselbe Ding zweymal gedacht (numerisch Eines). | ||||||
27 | Dies ist Leibnitzens Satz des Nichtzuunterscheidenden, dem er keine | ||||||
28 | geringe Wichtigkeit beylegt, der aber doch stark wider die Vernunft verstößt, | ||||||
29 | weil nicht zu begreifen ist, warum ein Tropfen Wasser an einem | ||||||
30 | Orte hindern sollte, daß nicht an einem andern ein ebendergleichen | ||||||
31 | Tropfen angetroffen würde. Aber dieser Anstoß beweiset sofort, daß | ||||||
32 | Dinge im Raum nicht blos durch Verstandesbegriffe als Dinge an sich, | ||||||
33 | sondern auch ihrer sinnlichen Anschauung nach als Erscheinungen vorgestellt | ||||||
34 | werden müssen, um erkannt zu werden, und daß der Raum nicht | ||||||
35 | eine Beschaffenheit oder Verhältniß der Dinge an sich selbst sey, wie Leibnitz | ||||||
36 | annahm, und daß reine Verstandesbegriffe für sich allein kein Erkenntniß | ||||||
37 | abgeben. | ||||||
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