Kant: AA XX, Erste Einleitung in die Kritik der ... , Seite 231 |
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01 | einander wechselseitig befördernder Gemüthskräfte in einer Vorstellung | ||||||
02 | erhält sich selbst), oder ihr Object hervorzubringen. Ist das erstere, so | ||||||
03 | ist das Urtheil über die gegebene Vorstellung ein ästhetisches Reflexionsurtheil. | ||||||
04 | Ist aber das letztere, so ist es ein ästhetisch-pathologisches, oder | ||||||
05 | (Fortsetzung der Fußnote von Seite 230) überzeugt ist, daß er es nicht ausrichten kann, oder daß es wohl gar schlechterdings | ||||||
06 | unmöglich sey: z.B. das Geschehene als ungeschehen zu wünschen, sehnsüchtig | ||||||
07 | den schnelleren Ablauf einer uns lästigen Zeit zu begehren, usw. Es ist auch für | ||||||
08 | die Moral ein wichtiger Artikel, wieder solche leere und phantastische Begehrungen, | ||||||
09 | welche häufig durch Romanen, bisweilen auch durch diesen ähnliche | ||||||
10 | mystische Vorstellungen übermenschlicher Vollkommenheiten und fanatischer | ||||||
11 | Seeligkeit, genährt werden, nachdrücklich zu warnen. Aber selbst die Wirkung, | ||||||
12 | welche solche leere Begierden und Sehnsuchten, die das Herz ausdehnen und | ||||||
13 | welk machen, aufs Gemüth haben, das Schmachten desselben durch Erschöpfung | ||||||
14 | seiner Kräfte, beweisen gnugsam, daß diese in der That wiederholentlich durch | ||||||
15 | Vorstellungen angespannt werden, um ihr Object wirklich zu machen, aber eben | ||||||
16 | so oft das Gemüth in das Bewußtsein seines Unvermögens zurük sinken lassen. | ||||||
17 | Für die Anthropologie ist es auch eine nicht unwichtige Aufgabe zur Untersuchung: | ||||||
18 | warum wohl die Natur in uns zu solchem fruchtlosen Kraftaufwande, | ||||||
19 | als leere Wünsche und Sehnsuchten sind (welche gewiß eine große Rolle im | ||||||
20 | menschlichen Leben spielen), die Anlage gemacht habe. Mir scheint sie hierinn, so | ||||||
21 | wie in allen anderen Stücken, ihre Anstalt weislich getroffen zu haben. Denn | ||||||
22 | sollten wir nicht eher, als bis wir uns von der Zulänglichkeit unseres Vermögens | ||||||
23 | zur Hervorbringung des Objects versichert hätten, durch die Vorstellung desselben | ||||||
24 | zur Kraftanwendung bestimmt werden, so würde diese wohl größtentheils unbenutzt | ||||||
25 | bleiben. Denn gemeiniglich lernen wir unsere Kräfte nur kennen, dadurch | ||||||
26 | daß wir sie versuchen. Die Natur hat also die Kraftbestimmung mit der Vorstellung | ||||||
27 | des Objects noch vor der Kentnis unseres Vermögens verbunden, | ||||||
28 | welches oftmals eben durch diese Bestrebung, welche dem Gemüthe selbst | ||||||
29 | anfangs ein leerer Wunsch schien, allererst hervorgebracht wird. Nun liegt es | ||||||
30 | der Weisheit ob, diesen Instinct in Schranken zu setzen, niemals aber wird es | ||||||
31 | ihr gelingen, oder sie wird es niemals nur verlangen, ihn auszurotten. | ||||||
01 befördernder erst verschrieben und δ, dann als g.Z. noch einmal. | |||||||
02 Object δ zu | |||||||
04 das δ erstere ist ein | |||||||
05 Kein Komma hinter: ist daß g.Z. | |||||||
05-06 oder — sey: g.Z. am Rande. | |||||||
06 als g.Z. wünschen erst: machen | |||||||
07 begehren, δ oder an auf statt: auch (mit Buek). | |||||||
10 fanatischer δ Glüksee | |||||||
12 welche δ eine Sehnsuchten δ: aufs Gemü | |||||||
14 seiner erst: ihrer Kein Komma vor: daß | |||||||
14-15 durch Vorstellungen g.Z. am Rande. | |||||||
16 das Gemüth g.Z. am Rande. | |||||||
18 warum erst: woher fruchtlosen erst: leeren | |||||||
19-20 Komma vor statt nach der Klammer. | |||||||
21 Stücken δ: sehr weislich zur Wer | |||||||
22 uns von g.Z. der v.a. die | |||||||
23 versichert erst: erkannt hätten, δ zur | |||||||
24 bestimmt δ so würde würde v.a. würden | |||||||
28 welche g.Z. | |||||||
29 allererst g.Z. | |||||||
30 niemals v.a.? | |||||||
31 gelingen, δ: ab ihn auszurotten Die ganze Anmerkung g.Z. von Kant. | |||||||
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