Kant: AA XX, Bemerkungen zu den Beobachtungen ... , Seite 189

     
           
 

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  01 züchtiger Anständigkeit selbst bey starken Begierden ohne welche diese      
  02 gemein und zuletzt dem Überdrusse unterworfen seyn würden. Zweytens      
  03 daß das weibliche Geschlecht den Schein annimt als wenn es bey ihm      
  04 kein Bedürfnis wäre dieses ist nothwendig wenn die verliebte Neigung      
  05 mit den idealischen Vergnügen u. mit dem sittlichen Geschmake verbunden      
  06 bleiben soll im stande der Kunst. In der Wollüstigen Leidenschaft      
  07 ist dieser Schein gar nicht nöthig. Daher scheinen die Weibliche      
  08 Ergebungen blos entweder erzwungen oder Gunstbezeigungen zu seyn.      
           
  09 Ein junger Mann der gar keine verliebte Neigung äussert wird in      
  10 den Augen des Frauenzimmers gleichgültig seyn.      
           
  11 Ob es wohl gar einen Nutzen der religion geben kann der unmittelbar      
  12 auf die künftige Seeligkeit gerichtet ist so ist doch der natürlichst      
  13 erste derjenige der die Sitten so richtet daß sie gut sind zu erfüulung des      
  14 Postens in der gegenwartigen Welt damit man dadurch würdig sey der      
  15 kunftigen. Denn was Fasten Ceremonien Casteyen anlangen die nutzen      
  16 nichts vor die gegenwärtige Welt. Soll aber dieser einheimische Nutze      
  17 erreicht werden so muß die moralitat eher wie die religion excolirt werden.      
           
  18 Montesqvieu sagt es sey gantz unnatürlich daß eine Frau ein Haus      
  19 regire aber es könne gar wohl geschehen daß sie ein Land regire.      
           
  20 Wenn die Sitten ganz einfältig u. aller luxus verbannt ist so regirt      
  21 der Mann wenn die offentliche Angelegenheiten in einiger Weniger      
  22 Hande sind u. die mehresten Männer müssig werden so gehen die      
  23 Frauen aus ihrer Einsamkeit hinaus und haben großen Einflus auf die      
  24 Männer. Wenn die Frauen den Männern Tugend inspiriren u.      
  25 romanische Hochachtung so regiren sie nachher den Mann im Hauswesen      
  26 durch Gütigkeit wenn sie ihn durch coqvetterie nicht eher gewinnen      
  27 als nachdem sie ihn verführt u. läppisch gemacht haben so      
  28 regiren sie ihn pochend und eigenwillig In einer guten Ehe haben beyde      
  29 nur einen Willen u. das ist der Wille der Frau in einer bösen auch      
  30 aber mit dem Unterschiede daß der Mann im ersten Falle mit der Frauen      
  31 wille übereinstimmt im zweyten ihr wiederstreitet aber überwogen wird.      
           
           
    03 Schein δ ihr      
    05 den? dem?      
    07 nöthig. δ Das Männl      
    09 Oberhalb des Vorigen.      
    10 Frauenz. Nach links oben abgewinkelt.      
    11 L. Bl. Reicke X c 2, erste Seite. religion? religionen?      
    14 dadurch δ verbe      
    15 anlangen? verlangen? erlangen? anlangt??      
    18 Montesqviou ein? im?      
    22 so δ steigen      
    24 inspiren      
    26 durch Sigel. coqvetterie δ?      
           
           
     

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