Kant: AA XIX, Erläuterungen zu G. Achenwalls Iuris ... , Seite 634

     
           
 

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  01 moralisches Interesse hat, erfodert, daß man gewisse Observanzen, die      
  02 sonst blos zum Cultus gehören, als Gnadenmittel vorstellt, als 1. Die      
  03 Kirche zu frequentiren 2. Die Ko, mithin die Heiligung des Sabbaths.      
  04 2. die Formalien der Aufnahme in die (g geistige ) Gemeinschaft mit      
  05 Christen durch die Taufe 3. die ostere Erneuerung dieses Bundes der Gemeinschaft      
  06 vermittelst der Communion. Diese celebrirung der frommer      
  07 Gebräuche sind constitutive Gesetze einer der moralischen Vereinigung      
  08 der Menschen in einer Religion, gleichsam der Errichtung einer sichtbaren      
  09 Civitatis Dei: Aber hier ist doch starke Gefahr, daß Aberglaube hieraus      
  10 die Religion selbst und das Wesentliche derselben machen möchte. Man      
  11 muß ihnen also die Nothwendigkeit erklären, eine göttliche Vorsehung in      
  12 Gründung und Erhaltung seiner Kirche anzunehmen und eine daraus      
  13 entspringende Verehrung eines wirklich (g eingeführten ) vorhandenen      
  14 blos darauf abzielenden Gebrauchs, der, weil er unmittelbar auf die      
  15 Errichtung Vereinigung und Erhaltung seines Volks zu seinem Wohlgefallen      
  16 abzweckt (wozu auch Belehrung der Iugend durch Religionslehrer      
  17 gehört), als von Gott befohlen angesehen werden kan, mithin an sich      
  18 und vor allen moralischen Folgen doch als ein Dienst Gottes angesehen      
  19 werden kan.      
           
  20 Der gemeine Begrif der Imputation in der Christlichen Religion      
  21 ist, daß uns die gute Handlungen nicht imputirt werden, so fern sie von      
  22 uns selbst herkommen, sondern nur so fern ein guter Geist sie in uns      
  23 gewirkt hat, daß uns dagegen die böse Handlungen, die ein anderer      
  24 (Adam) vor uns gethan oder auch ein böser Geist in uns noch hervorgebracht      
  25 hat, gänzlich imputirt werden. Zuletzt, daß die Strafe nicht      
  26 dem, der sie verbrochen, sondern dem Unschuldigen auferlegt, allein als      
  27 vom Schuldigen erlitten ihm imputirt werde. Hier muß ein Misverstand      
  28 anzutreffen seyn.      
           
  29 S. II:      
           
  30 Wunder dienen uns jetzt garnicht mehr zu Beweisgründen desjenigen,      
  31 was uns Religion ausmachen soll. Sie sollten da konnten damals dazu      
  32 dienen, um dem durch Wunder eingeführten, durch Christum abgeschaften      
  33 Ceremonienwesen einen Beweis von gleichem Gewichte entgegen zu stellen.      
  34 Ietzt, da alles auf Pflichten gestellet ist, davon ein jeder durch Vernunft      
  35 überzeugt werden kan, da es selbst nicht einmal erlaubt seyn würde, auf      
     

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