Kant: AA XIX, Erläuterungen zu A. G. Baumgartens ... , Seite 106 |
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01 | frey handelnden Wesens beruhet darauf, daß diese freyheit der Willkühr | ||||||
02 | Neigung nicht unterworfen werde oder überhaupt gar keiner Fremden Ursache | ||||||
03 | unterworfen sey. Die Hauptregel äußerlich guter Handlungen ist | ||||||
04 | nicht die, so mit anderer Glükseeligkeit, sondern mit ihrer Willkühr zusammenstimt, | ||||||
05 | und gleichwie die Vollkomenheit eines subiects nicht darauf | ||||||
06 | beruht, daß es glükselig sey, sondern daß sein Zustand der freyheit | ||||||
07 | subordinirt sey: so auch die allgemein gültige Vollkommenheit, daß | ||||||
08 | die Handlungen unter allgemeinen Gesetzen der Freyheit stehen. | ||||||
6606. κ? λ? ο? Pr IV. |
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10 | Das System des feinsten Eigennutzes ist darin von dem Lehrbegrif | ||||||
11 | der sich selbst gnugsamen Tugend unterschieden, daß diese die Tugend an | ||||||
12 | sich selbst liebt und darum nicht umhin kan, einen allsehenden Richter ihrer | ||||||
13 | Reinigkeit und ihre Belohnung zu hoffen. Die Tugendliebe ist der Hofnung | ||||||
14 | glüklich zu seyn, und diese giebt ihr stärke, dem Unangenehmen, was mit | ||||||
15 | ihr verbunden ist, zu wiederstehen. Dagegen im ersteren System ist die | ||||||
16 | Hofnung der Glükseeligkeit womöglich ein Grund der tugend, eigentlich | ||||||
17 | ein Grund kluger Handlungen, die eben dieselbe Wirkung, aber nicht aus | ||||||
18 | denselben principiis leisten. | ||||||
6607. κ? λ? ο? Pr VI. |
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20 | Die Alten coordinirten nicht Glükseeligkeit und Sittlichkeit, sondern | ||||||
21 | subordinirten sie; weil, wenn beyde zwey unterschiedene Stüke ausmachen, | ||||||
22 | deren Mittel verschieden seyn, sie ofters im Streite sind. Die stoische Lehre | ||||||
23 | ist die warhafteste der reinen moral, aber am wenigsten der Natur des | ||||||
24 | Menschen angemessen. es ist auch das leichteste einzusehen. Das epicureische | ||||||
25 | ist weniger wahr, aber mehr den Neigungen der Menschen vollkommen | ||||||
26 | angemessen. Das cynische ist der menschlichen Natur am gemäßesten | ||||||
27 | in der idee, aber in der execution am wenigsten Natürlich und | ||||||
28 | ist das ideal der künstlichsten Erziehung so wohl als der bürgerlichen | ||||||
29 | Gesellschaft. | ||||||
30 | Das stoische ideal ist das richtigste reine ideal der sitten, aber in concreto | ||||||
31 | auf die Menschliche Natur unrichtig; es ist richtig, daß man so verfahren | ||||||
32 | soll, aber falsch, daß man iemals so verfahren wird. Das ideal | ||||||
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