Kant: AA XVIII, Metaphysik Zweiter Theil , Seite 253 |
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| 5612. χ? (ω?) (υ?) M 277'. 277. E II 1552. |
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| 01 | M 277': | |||||||||
| 02 | Wir erklären begangene freye Handlungen nach Gesetzen der Natur | |||||||||
| 03 | des Menschen, aber wir erkennen sie nicht dadurch als bestimt; sonst | |||||||||
| 04 | würden wir sie nicht als zufällig ansehen und verlangen, daß sie hätten | |||||||||
| 05 | anders geschehen sollen und müssen. In den freyen Handlungen fließt | |||||||||
| 06 | die Vernunft nicht blos als ein begreifendes, sondern wirkendes und | |||||||||
| 07 | treibendes rpincipium ein. Wie sie nicht blos vernünftle und urtheile, | |||||||||
| 08 | sondern die Stelle einer Natruursache vertrete, sehen wir nicht ein, viel | |||||||||
| 09 | weniger, wie sie durch Antriebe selbst zum handeln oder unterlassen bestimmt | |||||||||
| 10 | werde. (Wie die Vorstellung des Guten überhaupt, welche von | |||||||||
| 11 | meinem Zustande abstrahirt, doch auf meinen Zustand wirksam sey und | |||||||||
| 12 | wie diese Ueberlegung, welche selbst keine affection enthält, in der Reihe | |||||||||
| 13 | der Naturerscheinung enthalten seyn konne. Denn das Gute ist eine Beziehung | |||||||||
| 14 | der reinen Vernunft auf obiekt. Wir müssen also künftige Handlungen | |||||||||
| 15 | ansehen als unbestimt durch alles, was zu phaenomenis gehoret. | |||||||||
| 16 | Die Vernunft bedient sich der Naturbeschaffenheit nach ihren Gesetzen | |||||||||
| 17 | als triebfedern (Ehre, ruhe des Gemüths), wird aber dadurch nicht bestimt. | |||||||||
| 19 | Die Auflösung hievon ist. Der Zusammenhang der Vernunft mit | |||||||||
| 20 | den phaenomenis, womit sie gar nicht in commercio stehen soll, kan gar | |||||||||
| 21 | nicht verstanden werden (g es sind heterogenea ). Die wahre | |||||||||
| 22 | Thatigkeit der Vernunft und ihr effect gehört zum mundo intelligibili. | |||||||||
| 23 | Daher wissen wir auch nicht, in welchem Maaße wir imputiren sollen. | |||||||||
| 24 | Gleichwohl wissen wir so viel von der einfließenden Gewalt der Vernunft, | |||||||||
| 25 | daß sie durch keine phaenomena bestimt und necessitirt, sondern frey sey, | |||||||||
| 26 | und beurtheilen die Handlung blos nach rationalen Gesetzen (bey | |||||||||
| 27 | imputation). Die Handlungen hier in der Welt sind bloße Schemata | |||||||||
| 28 | von der intelligiblen; indessen hängen diese Erscheinungen (dies wort bedeutet | |||||||||
| 29 | schon Schema) doch nach empirischen Gesetzen zusammen, wenn | |||||||||
| 30 | man die Vernunft selbst nach ihren äußerungen als ein phaenomenon | |||||||||
| 31 | (des Charakters) ansieht. Was aber die Ursache davon sey, finden wir | |||||||||
| 32 | nicht in phaenomenis. So fern man seinen eignen Charakter nur aus | |||||||||
| 33 | den phaenomenis erkent, imputirt man sich diese, ob sie zwar durch | |||||||||
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