Kant: AA XVII, Reflexionen zur Metaphysik. , Seite 617

     
           
 

Zeile:

 

Text:

 

 

 

 
  01 machen, denke ich auch durch das praedicat der Theilbarkeit. xa ist einerley      
  02 mit x b. Nun gehoret a so wohl als b zu x. Allein: auf      
  03 Verschiedene Art: entweder daß b in demjenigen schon liegt, was den Begrif      
  04 a ausmacht, und also durch Zergliederung desselben kann gefunden      
  05 werden, oder daß b zu dem x gehoret, ohne in a eingeschlossen und mit begriffen      
  06 zu seyn. Im ersten falle ist das Urtheil analytisch, im zweyten synthetisch.      
  07 Der angeführte Fall ist von einem analytischen Urtheile, aber      
  08 der Satz: Ein jeder Korper ist schweer, ist eine synthesis; das eine praedicat      
  09 ist nicht in dem subiect involvirt, sondern hinzugethan. Nun können      
  10 alle analytische Urtheile a priori eingesehen werden; und was nur a posteriori      
  11 kann erkannt werden, ist synthetisch. Daher sind die eigentliche empirische      
  12 Urtheile synthetisch. Es giebt aber doch Urtheile, welche ein      
  13 deren Gültigkeit a priori festzustehen scheint, die Gleichwohl synthetisch      
  14 seyn, z.E. Alles Veränderliche hat eine Ursache; woher kommt man zu      
  15 diesen Urteilen? wodurch ha woher nehmen wir es, einem 4 Begriffe      
  16 einen andern von eben demselben Gegenstande hinzuzugesellen, den keine      
  17 Beobachtung und Erfahrung darin zeigt. Gleichwohl sind alle eigentliche      
  18 axiomaten solche synthetische sätze, e.g. zwischen zwey Punkten kann nur      
  19 eine gerade Linie seyn. Dagegen ist der Satz: Eine jede große ist sich selber      
  20 Wenn man Ein jeder Theil ist klei Eine jede größe ist sich selber gleich, ein      
  21 analytischer Satz. Das Principium oder die norm aller analytischen      
  22 Sätze ist der Satz des Wiederspruchs und der identitaet. Er ist (wenn      
  23 ich sie beyde zusammen nehme) kein axioma, sondern eine Formel, d. i. ein      
  24 allgemein Modell analytischer sätze; denn er enthalt keinen medium      
  25 terminum.      
           
  26 Wir haben demnach urtheile a posteriori, welche synthetisch seyn,      
  27 aber auch urtheile a priori, die doch synthetisch seyn und darum von      
  28 keiner Erfahrung abgeleitet werden können, weil sie so wohl eine wahre      
  29 allgemeinheit, mithin nothwendigkeit enthalten, als auch lauter Begriffe      
  30 in sich fassen, welche aus der Erfahrung nicht haben geschopft werden      
  31 können. Woher Diese Begriffe mögen uns beywohnen, woher sie wollen:      
  32 woher nehmen wir diese Verknüpfung derselben. Sind es offenbarungen,      
  33 Vorurtheile etc. etc.      
           
     

[ Seite 616 ] [ Seite 618 ] [ Inhaltsverzeichnis ]