Kant: AA XV, Reflexionen zur Anthropologie. , Seite 646

   
         
 

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  01 Diese Geschichte lehrt zugleich, wie wir dem vollständigen Zweke der    
  02 Natur einstimmig uns bearbeiten sollen. Also unseren Horizont über die    
  03 Privatbestimmung zur Absicht der species erweitern.    
         
  04 2. Physische Geschichte — Welche die unfreywillige Entwikelung der    
  05 Natur in Verschiedenen Generationen darlegt, welche zu jenem Hauptzweke    
  06 concurrirt und uns lehren kan, sie mit jenem Zweke zu vereinigen.    
         
  07 (g Die Geschichte der Gattung, nicht der Menschen. Jene setzt eine    
  08 Idee voraus. )    
         
   
   
  09 Der Instinct mußte den Menschen im Anfange wie die Thiere in    
  10 Ansehung der Kost regiren. Vielleicht Größtentheils werden die fruchtessende    
  11 Thiere durch Geruch geleitet, der ein Vorgeschmak ist, wodurch    
  12 das Thier kostet, ob es ihm zuträglich sey, ohne zu genießen. Der Mensch    
  13 fand eine Menge Dinge, die diesen Sinn anlockten. Aber er warf seine    
  14 S. II: Augen auch auf andere, die durch jenen Sinn nicht empfohlen    
  15 wurden, vielmehr demselben zuwieder waren. Sie waren gleichwohl    
  16 reitzend anzuschauen und im Anblik demjenigen vereinigten im Anblik    
  17 mancherley Eigenschaften, die er sonst im Genuß zerstreut angetroffen    
  18 hatte. Hier fand er eine Gelegenheit zu vernünfteln und einen Schlus    
  19 der Vernunft der Leitung des Instincts vorzuziehen. Es liegt etwas    
  20 Anlockendes schon darinn, aus eigener Überlegung Erfindung etwas zu    
  21 thun; denn das erweitert gar sehr das Feld der Zweke. Bey einem solchen    
  22 Anlaße witterte der Mensch Klugheit und Glükseeligkeit nach von ihm selbst    
  23 ausgedachtem Plane; Verlegenheit und Bedenklichkeit mischten sich ein,    
  24 aber ein Versuch mußte es entscheiden. Vermuthlich war der erste    
  25 unglücklich, aber man konnte wohl, durch Schaden belehrt, von diesem    
  26 Gegenstande, aber nicht mehr von der reflexion abgehen.    
         
  27 Zusatz unten auf S. I:    
         
  28 (g So wenig als anatomie des Korpers eine Spuhr vom Verderben    
  29 antreffen wird, eben so wenig auch die anatomie der Seele. )    
         
  29 Zusatz oben auf S. II:    
         
  31 (g Adam war an dem Ufer des rubicon. )    
         
     

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