Kant: AA XV, Reflexionen zur Anthropologie. , Seite 608

   
         
 

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  01 Da die Menschen nur durch Zwang so gut sind, so müssen alle ihre    
  02 böse Neigungen in ihnen noch nur verstekt liegen und sich immer in der    
  03 Gesellschaft, aber auf eine Art, die nicht unter Zwangsgesetzen steht,    
  04 äußern. Verstellung, Verläumdung, Eifersucht und Vorzugsgeist, heimliche    
  05 Feindschaft, Eigennutz im Spiel etc: Um Diese Eigenschaften brechen    
  06 bey ganzen Staaten aus. Um nun diese auch zu schwachen, muß der    
  07 Moralische Zwang als ein Zwangsmittel der Gesinnungen und der Bildung    
  08 des Caracters dazu komen.    
         
   

 

1395.   π.   M 301'.   E I 361.
 
   
  10 Es sind gewisse Stüke, die zwar nicht die Tugend selbst sind, aber    
  11 doch ihre folgen, als Gefalligkeit: eine Neigung, andere zu vergnügen.    
  12 Der dieses nicht hat, ist fehlerhaft; der ein Vergnügen am gegentheil    
  13 findet, ist böse, aber nur negativ, indem er nichts boses erzeigt, sondern    
  14 nur ein Vergnügen daran findet, das Gute nicht zu erzeigen. Dieser    
  15 Caracter ist selten.    
         
   

 

1396.   π.   M 301.   E I 676. 677.
 
   
  17 Der Mensch erreicht wirklich all seine ganze Naturbestimmung,    
  18 d. i. Entwikelung seiner Talente, durch den bürgerlichen Zwang. Es ist    
  19 zu hoffen, er werde auch seine ganze moralische Bestimmung durch den    
  20 moralischen Zwang erreichen. Denn alle Keime des moralisch Guten,    
  21 wenn sie sich entwikeln, erstiken die physischen Keime des bösen. Durch    
  22 den bürgerlichen Zwang entwikeln sich alle Keime ohne unterschied.    
  23 Dieses ist die Bestimung der Menschheit, aber nicht des einzelnen, sondern    
  24 des Ganzen. Darin müssen immer verschiedenheiten der Ordnung seyn,    
  25 aber doch das maximum der Summe.    
         
  26 Das Reich Gottes auf Erden: das ist die letzte Bestimmung des    
  27 Menschen. Wunsch (Dein Reich komme). Christus hat es herbeygerükt;    
     

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