Kant: AA XV, Reflexionen zur Anthropologie. , Seite 334

   
         
 

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    767.      M 298'. M 299'. M 299.
 
   
  02 M 298':    
         
  03 Der Geschmak ist ein Gesellschaftlich (g sinnlich ) urtheil über das    
  04 was wohlgefällt, nicht unmittelbar durch den Sinn, auch nicht durch allgemeine    
  05 Begriffe der Vernunft. Der Geschmack geht auf das angenehme    
  06 das Schöne (edle) und das rührende. Das letztere ist nicht eigentlich    
  07 erhaben, ob es zwar oft die wirkung vom erhabnen ist. Es ist der Anfang    
  08 von Schmerz mit einer ohne Eindruk oder Zueignung und also ein    
  09 Schmerz in unter einer erdichteten Bedingung, also nicht in unserer    
  10 eignen Persohn, also ein Schmerz, der nur angenommen worden. Der    
  11 Reitz ist der Rührung correspondirend. Der Reitz ist nicht die Annehmlichkeit    
  12 des Gegenstandes durch Eindruk, sondern eine Veranlaßung, uns    
  13 in Angenehme Erdichtungen zu versetzen, so wie schöne Aussicht; ein schön    
  14 reitzend Gesicht Gefalt nicht durch sich selbst, sondern durch die Einladung    
  15 zum Geschlechtsgenuß. Daher dasselbe gesicht am Knaben hübsch ist, aber    
  16 ohne Reitz. Grüne Plätze ha und Blumenbetten haben einen Reitz, denn    
  17 sie geben anlaß, uns in die phantastischen Vorstellungen von Sorglosigkeit    
  18 und Gemachlichkeit zu verwikeln. Der Geschmak macht, daß der Genuß    
  19 sich communicirt; er ist also ein Mittel und eine Wirkung von Vereinigung    
  20 der Menschen. Eine M 299': accomodation und ist durchaus nöthig, so    
  21 daß die blosse Gründlichkeit, die nur vor den ist, den der Gegenstand    
  22 interessirt, in Ansehung der übrigen eine grobheit ist. Der Gründliche,    
  23 der dergleichen sieht oder oder ließt, hat doch kein vollkommen wohlgefallen    
  24 daran, weil er auch nicht blos aus seinem und sondern aus Gemeinschaftlichem    
  25 Gesichtspunkte es betrachtet (g der unpartheyische zuschauer ). Der    
  26 Pedant begeht diese Grobheit aus Ungeschiktheit und wird verlacht. Der    
  27 Mangel des Geschmaks oder wohl gar die Abneigung und Gleichgültigkeit    
  28 dagegen zeigt immer ein enges Herz an, welches sein Wohlgefallen auf    
  29 sich einschränkt. Die Reitze und Rührungen bewegen wieder willen, sind    
  30 also immer zu dreiste, weil sie den anderen aus der Ruhe bringen.* Der    
  31 Geschmak geht auf das Urtheil, nicht auf das Gefühl; daher muß dieses    
  32 vorübergehend seyn. Genie aber geht auch auf das Gefühl. Geschmak ist    
  33 also die Geschliffenheit der Urtheilskraft. Wir müssen dabey uns gleichsam    
     

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