Kant: AA XV, Reflexionen zur Anthropologie. , Seite 253

   
         
 

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  01 Wir können uns an Vergangene Schmerzen mit Wehmuth erinnern;    
  02 aber wir bedauren es nicht, sie erlitten zu haben.    
         
  03 Niederschlagende Uebel sind die, wobey das Gemüth die übermacht    
  04 in der Belebung verliert (Gram).    
         
  05 Ein Rausch bringt eine andre Ordnung und lebhaftere Folge der    
  06 phantasien hervor; darum hält sein Vergnügen an.    
         
  07 Zu verhüten, daß Hindernisse des Lebens kein überwiegend gefühl    
  08 davon verursachen, dazu gehört, daß man sein eigen Vermögen zu beleben    
  09 recht fühle.    
         
  10 Von dem was gef vergnügt, gefällt oder gebilligt wird.    
         
  11 Ein wohlausgedachter streich gefalt, ob er zwar nicht gebilligt wird.    
  12 Zum ersten ist die manier hinlänglich, zum zweyten wird der gute Zwek    
  13 erfodert. Was gefällt, wird blos beurtheilt, aber nicht empfunden, und    
  14 zwar in der Anschauung beurtheilt.    
         
   

 

587.   υ.   M 405.   E I 323.
 
   
  16 Weil eine iede Beförderung des Lebens, sie mag physisch oder ideal    
  17 seyn, nur partial seyn kann (denn sonst würden wir, weil die Vergleichung    
  18 mangelt, sie nicht warnehmen), so hat sie ihr Maas, über welches sie das    
  19 Gleichgewicht stöhrt. Sie muß mit dem gesamten Leben zusammenfließen.    
  20 sonst wird sie Schmerz. Zum Vergnügen gehort also zusammenstimmung,    
  21 zum Schmerz wiederstreit. Daraus folgt, daß wenig Vergnügen, aber    
  22 mehr Schmerzen werden moglich seyn. Das erste aber macht, daß wir es    
  23 suchen, das zweyte fliehen. Das Gefühl der Beforderung des Lebens    
  24 setzt also einen auf gewisse Weise entweder gleichgiltigen oder schmerzlichen    
  25 Zustand voraus. Schmerzen brauchen positive Ursachen, Zufriedenheit    
  26 fließt schon aus dem Gefühl des Lebens ohne Hindernis. Denn wir leben    
     

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