Kant: AA XII, Briefwechsel 1800 , Seite 311 |
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01 | Schriften, mit dem Herrn Nicolovius gerathen bin. Ich meldete Ihnen | ||||||
02 | nicht eher etwas, als ich alle Wege versucht hatte, mit dem HE. Nicolovius | ||||||
03 | auf irgend eine gütliche Art die Sache beizulegen. Ich wei | ||||||
04 | nicht, wie es kommt, daß alle meine Vorstellungen bei dem HE Nicolovius | ||||||
05 | ohne Erfolg und ohne die mindeste Aussicht auf eine friedliche | ||||||
06 | Beilegung geblieben sind. Es ist menschlich, daß Menschen über Dinge, | ||||||
07 | die das Mein und Dein betreffen, streitig werden; aber es ist doch auch | ||||||
08 | menschlich, den Friedensvorstellungen Gehör zu geben, besonders wenn | ||||||
09 | kein Theil den Willen gehabt hat, dem Andern zu nahe zu thun Ich | ||||||
10 | habe nie einen Proceß gehabt und nie geglaubt, daß ich einen haben | ||||||
11 | würde, weil ich immer sorgfaltig beflißen war, mich innerhalb den | ||||||
12 | Gesetzen zuhalten. Dies glaube ich nun auch in Ansehung der Herausgabe | ||||||
13 | Ihrer kleinen Schriften gethan zu haben; finde mich aber succeßiv | ||||||
14 | so verflochten, so unter den Formalitäten des Gerichthofes und der | ||||||
15 | Gesetzes=Ordnung gehalten, daß ich von einem Termin zum andern | ||||||
16 | und von einem Schritt zum andern gezogen werde, ohne das Mittel | ||||||
17 | und Ende des ganzen Handels absehen zu können. Viele Kosten sind | ||||||
18 | schon aufgelaufen und vieles ist schon hin und her geschrieben worden, | ||||||
19 | ohne daß man auch nur ahnden könne, was für eine Wendung und | ||||||
20 | Ausgang die Sache eigentlich nehmen werde. | ||||||
21 | Indeßen ist doch, wie ich glaube, vor der Hand so viel klar, da | ||||||
22 | ich nicht eigenmächtig gehandelt und nicht den geringsten Willen gehabt | ||||||
23 | habe, dem HE Nicolovius zunahe zu thun und, daß, gesetzt er | ||||||
24 | hielte sich für lädirt, ich bereitwillig bin, ihm alle thunliche Genugthuung | ||||||
25 | zu geben. Facta infecta fieri nequeunt. Ich wünschte freilich, | ||||||
26 | daß der Stein des Anstoßes für den HE. Nicolovius gar nicht | ||||||
27 | da wäre; allein wenn er nun einmal da ist und nicht vernichtet werden | ||||||
28 | kann, so ist es doch das gerathenste, daß man übereinkomme, wie | ||||||
29 | man sich nicht mehr an ihn stoßen könne. | ||||||
30 | Grade so, wie die Sammlung Ihrer Verm[ischten] Schriften vorliegt, | ||||||
31 | glaubte ich sie veranstalten zu müßen und hierin meine Sache recht | ||||||
32 | gut gemacht zu haben. Konnte auch nicht denken, daß in irgend einem | ||||||
33 | Punkte gefehlt sei, weil Sie nicht die geringste Erinnerung dagegen | ||||||
34 | machten. Ein einziger Wink von Ihnen würde für mich der gemeßenste | ||||||
35 | Bestimmungsgrund gewesen sein, es so abzuändern, wie Sie es hätten | ||||||
36 | haben wollen. Während ich nichts arges wähne und fürchte, sehe ich | ||||||
37 | mich auf ein Mal in einen Proceß verwickelt, der, da alle Versuche | ||||||
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