Kant: AA XI, Briefwechsel 1792 , Seite 339 |
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Text (Kant):
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| 01 | müssen. Um dieses im hellen Lichte zu sehen, so subsumire man die | ||||||
| 02 | empirische Anschauung unter die Schemate der Categorien: so sieht | ||||||
| 03 | man sofort, daß sie nur dadurch Objectivität erhält, da dann die | ||||||
| 04 | Frage wie es zugeht, daß die Gegenstände sich nach jenen synthetischen | ||||||
| 05 | Sätzen a priori richten müssen, aufhört. Sie sind ja nur darum | ||||||
| 06 | Gegenstände, so fern ihre Anschauung der synthetischen Verknüpfung | ||||||
| 07 | des Schema unterworfen gedacht wird. Z. B. sehe ich die Gültigkeit | ||||||
| 08 | der Analogie, daß allen Erscheinungen was Beharrliches zum Grunde | ||||||
| 09 | liege, daher ein, weil, wenn ich das Schema der Substantialität auf | ||||||
| 10 | die empirische Anschauung beziehe, diese eben hiedurch Objectivität erhalte, | ||||||
| 11 | mithin muß der Gegenstand selbst, dieser synthetischen Verknüpfung | ||||||
| 12 | der Substanz und Accidenz unterworfen seyn. Aber wenn | ||||||
| 13 | ich bis zu dem Princip der ganzen Sache hinaufsteige, dann treffe | ||||||
| 14 | ich doch eine Stelle an, wo ich sehr gern mir mehr Licht wünsche. | ||||||
| 15 | Ich sage, die Verbindung der Vorstellungen im Begrif ist von derjenigen | ||||||
| 16 | im Urtheil verschieden, so daß in der letzten noch über jene | ||||||
| 17 | Verknüpfung die Handlung der objectiven Beziehung vorgehe, also | ||||||
| 18 | die nehmliche Handlung, durch welche man einen Gegenstand denkt. | ||||||
| 19 | In der That ist es doch ganz was Verschiedenes, wenn ich sage, der | ||||||
| 20 | schwarze Mensch, oder, der Mensch ist schwarz, und ich meyne da | ||||||
| 21 | man sich nicht fehlerhaft ausdrücke, wenn man sagt, die Vorstellungen | ||||||
| 22 | im Begrif sind zur subjectiven Einheit, dagegen im Urtheil zur objectiven | ||||||
| 23 | Einheit des Bewußtseyns verbunden. Aber ich gebe viel darum | ||||||
| 24 | wenn ich tiefer in die Sache greifen könnte und eben diese Handlung | ||||||
| 25 | der objectiven Beziehung dem Bewußtseyn besser darstellen könnte. | ||||||
| 26 | In meinem letzten Briefe berührte ich diesen Punct als eine mir vorkommende | ||||||
| 27 | Dunkelheit, und beßter Herr Professor, aus Ihrem Schweigen | ||||||
| 28 | darauf, argwöhnte ich, daß ich Unsinn darin verrathen haben dürfte. | ||||||
| 29 | Aber ich mag die Sache um und um ansehen, so sehe ich nicht da | ||||||
| 30 | ich grade was Ungereimtes gethan, wenn ich Belehrung darüber mir | ||||||
| 31 | ausgebeten und Sie noch darum ganz inständigst ersuche. | ||||||
| Anmerkung Kant's: Der Ausdruk: der schwarze Mensch bedeutet den Menschen so fern der Begrif von ihm in Ansehung der Schwarze bestimmt gegeben ist. aber der: der Mensch ist schwarz bedeutet die Handlung meines Bestimmens. | |||||||
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