Kant: AA XI, Briefwechsel 1791 , Seite 304 |
|||||||
Zeile:
|
Text (Kant):
|
|
|
||||
| 01 | Sie in Ihren Arbeiten aufgehalten zu haben. Meine Decanats= und | ||||||
| 02 | andere Geschäfte haben mich zeither aufgehalten und selbst das Vorhaben | ||||||
| 03 | zu antworten mir aus den Gedanken gebracht. | ||||||
| 04 | Ihre Bedenklichkeit sich um bloßen Gewinnswillen dem leidigen | ||||||
| 05 | Troß der Büchermacher beyzugesellen ist ganz gerecht. Ebenso vernünftig | ||||||
| 06 | ist aber auch Ihr Entschlus, wenn Sie glauben dem Publicum | ||||||
| 07 | "etwas Gedachtes und nicht Unnützes" vorlegen zu können, auch ohne | ||||||
| 08 | den Bewegungsgrund des Erwerbs zu dem öffentlichen Capital der | ||||||
| 09 | Wissenschaft gleich Ihren Vorfahren (deren hinterlassenen Fonds sie | ||||||
| 10 | benutzt haben) auch ihren Beytrag zu thun. | ||||||
| 11 | Zwar hätte ich gewünscht daß Sie von den zwey Abhandlungen, | ||||||
| 12 | die Sie Hrn. Hartknoch in Vorschlag brachten, die erstere gewählt | ||||||
| 13 | hätten, um damit zuerst aufzutreten; weil die Theorie des Vorstellungsvermögens | ||||||
| 14 | des Hrn Reinhold so sehr in dunkele Abstractionen zurückgeht, | ||||||
| 15 | wo es unmöglich wird das Gesagte in Beyspielen darzustellen, | ||||||
| 16 | so, daß wenn sie auch in allen Stücken richtig wäre (welches ich wirklich | ||||||
| 17 | nicht beurtheilen kan, da ich mich noch bis jetzt nicht habe hineindenken | ||||||
| 18 | können) sie doch eben dieser Schwierigkeit wegen unmöglich von ausgebreiteter | ||||||
| 19 | oder daurender Wirkung seyn kan, vornehmlich aber auch | ||||||
| 20 | Ihre Beurtheilung, so sehr mich auch die mir gütigst zugeschickte Probe | ||||||
| 21 | derselben von Ihrer Gabe der Deutlichkeit auf angenehme Art überzeugt | ||||||
| 22 | hat, die der Sache selbst anhängende Dunkelheit nicht wohl wird | ||||||
| 23 | vermeiden können. - Vor allem wünsche ich daß Hr. Reinhold aus | ||||||
| 24 | Ihrer Schrift nicht den Verdacht ziehe als hätte ich Sie dazu aufgemuntert | ||||||
| 25 | oder angestiftet; da es vielmehr Ihre eigene Wahl ist; auch | ||||||
| 26 | kan ich, wenigstens jetzt noch nicht Sie mit demselben, wie ich Sinnes | ||||||
| 27 | war, bekannt machen, weil es ihm alsdann leichtlich falsche Freundschaft | ||||||
| 28 | zu seyn scheinen möchte. Übrigens zweifle ich gar nicht, daß der | ||||||
| 29 | Ton Ihrer Schrift nichts für diesen guten und sonst aufgeweckten, | ||||||
| 30 | jetzt aber, wie mir es scheint, etwas hypochondrischen Mann, hartes | ||||||
| 31 | oder kränkendes enthalten werde. | ||||||
| 32 | Ihr Vorhaben Werthester Freund aus meinen critischen Schriften | ||||||
| 33 | einen Auszug zu machen, da Sie von deren Warheit und Nützlichkeit | ||||||
| 34 | überzeugt zu seyn bezeugen, ist ein für mich sehr interessantes Versprechen; | ||||||
| 35 | da ich meines Alters wegen dazu selbst nicht mehr wohl | ||||||
| 36 | auferlegt bin und unter allen, die diesem Geschäfte sich unterziehen | ||||||
| 37 | möchten, der Mathematiker mir der liebste seyn muß. Die Ihnen, die | ||||||
| [ Seite 303 ] [ Seite 305 ] [ Inhaltsverzeichnis ] |
|||||||